Die Situation mit der Asiatischen Hornisse in der Schweiz im Jahr 2024

05/25 | Wissenschaft und Praxis
Lukas Seehausen, Entomologe, invasive Arten, CABI, ( l.seehausen@cabi.org ), Carine Vogel, Biologin, Verantwortliche der Meldestelle, ( carine.vogel@frelonasiatique.ch ), Fabian Trüb, apiservice gmbh/Bienengesundheitsdienst ( BGD ), ( fabian.trueb@apiservice.ch ), Julie Manzinalli, Biologin, Pôle invertébrés du bassin genevois, ( julie.manzinalli@pibg.ch ), Daniel Cherix, Honorarprofessor, Universität Lausanne, ( daniel.cherix@unil.ch )

Die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina) ging auch im vergangenen Jahr rasant weiter. Neue Gebiete wurden besiedelt, in bereits betroffenen Regionen stieg die Nestdichte.

Während im Jahr 2023 222 Nester gefunden und grösstenteils zerstört wurden, waren es im Laufe des Jahres 2024 über 700, die auf der offiziellen Meldeplattform registriert wurden (siehe Abbildung 1 ). Die exponentielle Entwicklung der Population invasiver Arten in einer neuen Umgebung ist ein bekanntes Phänomen. Es lässt sich vor allem durch eine von natürlichen Feinden unbeeinflusste Vermehrung erklären. In Spanien und Portugal, wo die Zahl der neuen Nester der Asiatischen Hornisse genau überwacht wurde, konnte ein ähnlicher Verlauf beobachtet werden. Diese Entwicklung zu beeinflussen, ist bei den meisten invasiven Arten schwierig und bedarf einer guten Bekämpfungsstrategie. Eine reibungslose Zusammenarbeit aller Akteure und eine ausreichende Finanzierung sind notwendig. Das grosse Engagement der Imker/ -innen, die sich im letzten Jahr an der Nestsuche beteiligt haben, war ein bedeutender Beitrag zum Gelingen dieser Bemühungen. Die Bewältigung des Problems darf aber keinesfalls allein auf ihren Schultern lasten.

Die Invasion in der Schweiz geht weiter

Ein Vergleich der Verbreitungskarten der Meldungen vor 2024 und im Jahr 2024 deutet darauf hin, dass sich die Hornisse von West nach Ost entlang des Mittellandes ausbreitet ( siehe Abbildung 2). In der Westschweiz hat sie grössere Gebiete eingenommen als noch im Jahr 2023. Zahlreiche Beobachtungen aus den betroffenen Kantonen bestätigen dies. Von den schweizweit 5273 eingegangenen Meldungen kamen über 1000 aus den Kantonen Waadt und Genf. Auch in Richtung Süden wurde ein Vormarsch beobachtet mit neu besiedelten Regionen vom Genfersee hinein ins Unterwallis, in Gebiete südlich des Neuenburgersees und von Bern in Richtung Thunersee. In der Deutschschweiz ist auf der Verbreitungskarte eine deutliche Ausdehnung in östlicher Richtung zu erkennen. Besonders hoch ist die Beobachtungsdichte in den Nordwestschweizer Kantonen. Eine deutliche Entwicklung zeichnete sich gleichwohl in den beiden Kantonen Bern und Aargau ab. Auch im Kanton Zürich hat sich die Asiatische Hornisse weiter ausgebreitet und hat ebenfalls den Weg in die Innerschweiz nach Luzern und Zug gefunden. Sehr augenfällig sind auch die punktuellen Beobachtungen im Kanton St. Gallen, wo in Engelburg zudem ein Nest ausgemacht werden konnte. Solche abgesetzten Vorkommen können zwei Gründe haben: Erstens: Nester, die im Vorjahr nicht entdeckt wurden und eine unkontrollierte Ausbreitung in eine Region ermöglichten, oder zweitens: Jungköniginnen, die durch menschliche Aktivität in bisher nicht tangierte Regionen transportiert wurden.

Fundmeldungen

2024 konnte auf der offiziellen Meldeplattform gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Zunahme von Meldungen verzeichnet werden, die sich als positiv erwiesen haben ( Tabelle 1 ). Die Steigerung von 43  % auf 73  % richtig erkannter Insekten lässt auf eine gute Sensibi­lisierung und eine bessere Information der Bevölkerung und der Imkerschaft schliessen. In den schon länger betroffenen Kantonen war die Positivrate bedeutend höher als in denen, die erst vor kurzem in Kontakt mit der Asiatischen Hornisse gekommen sind.

Wurden 2023 in 11 Kantonen Nester ge­funden und entfernt, war dies im vergangenen Jahr bereits in 14 Kantonen der Fall. Freiburg, St. Gallen und das Wallis sind dazugekommen.

Nestsuche und Bekämpfung

Eine effektive und einfache Möglichkeit zum Eindämmen der Ausbreitung ist die Entdeckung und Zerstörung von Primärnestern. Da diese oft in Siedlungsnähe und in von Menschen errichteten Strukturen gebaut werden, sollte nebst den Imkerinnen und Imkern auch die Bevölkerung miteinbezogen werden. Werden diese Nester entdeckt, können sie oft kostengünstig und teilweise ohne Einsatz von Insektiziden beseitigt werden. So kann der Entwicklung von grossen Populationen mit deutlich spürbaren Folgen für Umwelt und Bienen erfolgreich entgegengewirkt werden.

Die Suche nach Sekundärnestern und deren Entfernung muss aber weiterhin Teil der Strategie bleiben, um die Auswirkungen der Asiatischen Hornisse auf Bienen und Biodiversität örtlich vorübergehend zu reduzieren. Techniken zur Nestsuche wie die Triangulation mit Dochtgläsern oder Besenderung von Hornissen sind nötig, um die oft gut versteckten Nester lokalisieren zu können. Die Ausbildung in diesen Techniken wie auch die Weiterentwicklung effektiver und erschwinglicher Methoden sind Teile von kantonalen und eidgenössischen Projekten.

Leben mit der Asiatischen Hornisse

Während Bekämpfungsmassnahmen den Bienen lokal eine vorübergehende Erleichterung verschaffen können, müssen sich Bienenhaltende auf ein dauerhaftes Zusammenleben mit der Asiatischen Hornisse einstellen ( siehe SBZ-Beitrag 03 / 25 ). Durch die konsequente Umsetzung des Varroakonzeptes ( www.bienen.ch/varroa ) in Kombination mit der Haltung von starken und gesunden Bienenvölkern und der Verwendung eines Gitterschutzes ( Merkblatt 2.7.1. ) können Völkerverluste vermieden werden. Die Funktion dieser Schutzvorrichtungen wird oft missverstanden. Durch die Gitter werden die Hornissen nicht am Eindringen in die Beuten gehindert und es werden auch nicht unbedingt weniger Bienen von den Hornissen erlegt. Vielmehr bewirkt das Gitter eine Verhaltensänderung bei den Bienen. Sie verfallen nicht in eine Sammellähmung und fliegen trotz Anwesenheit der Hornissen weiter aus. Den Verlust der gefressenen Bienen ( meist Sommerbienen ) kann ein vitales Volk verkraften.

Das Aufstellen von Fallen hat sich bisher weder als effizient noch wirkungsvoll erwiesen und hat keinen nachgewiesenen Einfluss auf die Populationsdichte der Asiatischen Hornisse. Der Schaden an der Biodiversität durch unbeabsichtigten Beifang mangels Selektivität der Fallen ist gross. Von deren Einsatz wird von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftern sowie der Arbeitsgruppe Asiatische Hornisse des Cercle Exotique ( Plattform der kantonalen Neobiota-Fachleute ) dringend abgeraten.

Ein Sekundärnest, welches Mitte Oktober in Kaiseraugst entdeckt wurde (Foto: Joost Oerlemans).
Mit Hilfe von Dochtgläsern können Hornissen angelockt werden und dienen so der Nestsuche – wie hier in St. Gallen. (Foto: Pirmin Reichmuth)

Situation in der Deutschschweiz

Die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse in der Deutschschweiz 2024 ist im Vergleich zum Vorjahr etwas langsamer vorangeschritten. Aus den Kantonen BS, BL, BE und SO wurden dennoch stark steigende Nestzahlen gemeldet. Die von den verantwortlichen Stellen der Kantone AG, ZH und SG erwarteten explodierenden Nestzahlen sind glücklicherweise nicht eingetroffen. Zwar gab es eine Zunahme bei den Nestfunden, diese war jedoch bisher moderat. So blieb etwas mehr Zeit und Kapazität, sich vorzubereiten und die Imkerschaft wie auch die Bevölkerung aufzuklären. Die Ausbreitung und Situation in der Romandie wurde in der Revue suisse d’apiculture N° 3 / 2025 beschrieben.

Die Mithilfe der Imkerinnen und Imker beim Aufspüren der Nester war und bleibt ein entscheidender Faktor. In den meisten Kantonen fanden sich zahlreiche Freiwillige, die die Verantwortlichen der Kantone bei der Nestsuche tatkräftig unterstützen. Ohne ihre Hilfe wären deutlich weniger Nester gefunden worden. Die Motivation bei den Mithelfenden war gross, auch wenn ihre Auslastung bis zum Ende der Saison teilweise sehr hoch war. Ein Dankeschön der Kantone an alle beteiligten Hornissensucherinnen und -sucher kann hier weitergegeben werden. Gewisse Kantone konnten den Imkerinnen und Imkern für ihr Engagement je nach Spielraum eine finanzielle Entschädigung entrichten. Teilweise übernahmen dies auch die Kantonalverbände. Wie lange die Unterstützung durch Imkerinnen und Imker weiter so in Anspruch genommen werden kann, ist eine ungeklärte Frage. Die Hoffnung ist gross, dass bald Strukturen geschaffen werden, die ein einheitlicheres und strukturierteres Vorgehen ermöglichen.

Die eingesetzten Methoden zur Nestsuche waren oft eine Kombination aus der Triangulation mit Dochtgläsern und der Radiotelemetrie. Vielfach reichte zum Aufspüren die Dochtglasmethode, in schwierigeren Fällen wurden Hornissen besendert und mit Hilfe von Peilempfängern gesucht. Auch Drohnen sind zur Suche in schwer einsehbarem Gelände erfolgreich zum Einsatz gekommen.

Schwierige Nestenfernung

Die Nestentfernung blieb eine Herausfor­derung. Nicht alle Schädlingsbekämpfer waren auf die neue Situation vorbereitet oder es fehlte an geeigneter Ausrüstung, um Nester zu beseitigen, die sich an schwierig zugänglichen Stellen und hoch in den Bäumen befanden. In einigen Kantonen hat sich eine gute Zusammenarbeit mit ausgewählten Schädlingsbekämpfern eingespielt. Drehleitern, Hebebühnen oder Baumkletterer kamen bei Bedarf zum Einsatz. Die Nestentfernung im Wald und im schwer zugänglichen Gelände birgt ein Frustpotenzial. Da im Wald der Einsatz von Insektiziden nach wie vor verboten ist, bietet sich nur eine mechanische Entfernung als Methode an, also Absaugen, Einfrieren und Heraussägen der Nester. Auf unwegsamem Terrain und in grosser Höhe war dies mit verhältnismässigem Aufwand teilweise unmöglich. Die Kantone mussten Entscheidungen treffen, die bei den Bienenhaltenden nicht immer auf Verständnis gestossen sind. Dennoch konnten die meisten der gefundenen Nester unschädlich gemacht werden.

Baumkletterer beim Entfernen eines grossen abgetöteten Nestes in Nebikon (LU). (Foto: Jean-François Bessire)

Auch in Zukunft wird es nicht möglich sein, alle Nester zu zerstören. Man wird sich auf diejenigen konzentrieren müssen, welche mit einem vernünftigen Aufwand vernichtet werden können. Problemherde, mit denen Schäden an Bienen, Kulturen oder eine Gefährdung der Bevölkerung einhergehen, werden prioritär behandelt. Auch so lässt sich die Auswirkung der Hornisse auf Menschen und Umwelt auf einem erträglichen Niveau halten. Eine Koexistenz mit der Asiatischen Hornisse wird für Imker / -innen unumgänglich.

Um ein Ausfliegen von Insekten zu verhindern, sollten Nester möglichst in der Nacht entfernt werden. (Foto: Kanton Bern)
In direkter Nähe eines Kinderspielplatzes wurde an dieser Föhre ein Nest gefunden. Solche Nester werden wohl auch in Zukunft prioritär entfernt. (Foto: Kanton Bern)

Ausblick

Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die Invasion in der Schweiz voranschreitet und in immer mehr Kantonen Individuen gesichtet und Nester gefunden werden. Mit Blick auf die Länder, die schon länger von der Asiatischen Hornisse besiedelt sind, ist davon auszugehen, dass die Populationsdichte auch in den kommenden Jahren zunehmen wird. Der Verlauf der Invasion lässt erahnen, dass sich auch die Deutschschweizer Kantone und das Tessin auf eine intensive Besiedlung mit der Asiatischen Hornisse einstellen müssen. Eine entsprechend gute Vorbereitung und Planung durch die Kantone sowie die Information und Schulung von Imkerschaft und Öffentlichkeit sind wichtige Säulen bei der Bekämpfung dieser neuen Art. Alle sind aufgefordert, weiterhin Beobachtungen unter www.asiatischehornisse.ch zu melden. Die Kantone sind auch in Zukunft auf die Unterstützung von Imkerinnen und Imkern angewiesen und nehmen Angebote zur Mithilfe dankend an.

BGD-Merkblätter zum Thema:

Weiterführende Informationen

Meldeplattform

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