Lichtliebende Pflanzenarten mit geringen Nährstoffansprüchen sind besonders gefährdet, während sich stickstoffhungrige immer stärker ausbreiten. Was muss sich im Naturschutz ändern und was kann jeder einzelne tun, um gefährdete Kräuter, Blumen und Gräser zu schützen? Und was hat das mit Klimaschutz zu tun?
Waldschutz ist Klima- und Artenschutz! Diese Devise dominiert den naturbasierten Klimaschutz auf allen politischen Ebenen. Wald steht für Artenvielfalt und Kohlenstoffbindung. Doch stimmt das so uneingeschränkt? Kann ein Fichtenwald mit Magerrasen und Feuchtwiesen mithalten und brauchen nicht die meisten Insektenarten lichtliebende Kräuter?
Seit dem 19. und frühen 20. Jahrhundert ging die Ökologie davon aus, dass die «natürliche» Vegetation in Mitteleuropa dichter Wald mit einem geschlossenen Kronendach sei. Bis heute hält sich diese gesellschaftliche Vorstellung vom Wald als Inbegriff von Natur und Artenvielfalt. Allerdings sprechen Pollenbefunde aus vorlandwirtschaftlichen Zeiten stark dagegen. Auch waren damals, im Pleistozän, weit mehr grosse Huftiere unterwegs – viel mehr, als man sich heute überhaupt vorstellen kann. Grosse geschlossene Wälder konnten so gar nicht aufkommen. Darum geht man inzwischen eher von einer mosaikartigen Landschaft aus offenen Lebensräumen und Wald aus. Dafür spricht auch, dass die meisten der heutigen Waldpflanzen in Deutschland eine hohe Lichtaffinität haben. «Wenn wir evolutionär hier sehr viel Wald gehabt hätten, dann wären die meisten Arten zumindest an halbschattige Standorte angepasst. Aber das ist überhaupt nicht der Fall», sagt Ingmar Staude vom Institut für spezielle Botanik und funktionelle Biodiversität der Universität Leipzig.
Licht statt Schatten
Den Botaniker und sein Team interessierte, in welchem Lebensraum die meisten Arten bedroht sind. «Momentan werden Wälder in den Mittelpunkt der Renaturierung gestellt. Aber rund 70 Prozent unserer heimischen Pflanzenarten haben einen negativen Bestandstrend und die meisten bedrohten Arten kommen in unseren offenen Ökosystemen vor. Um diese Arten muss man sich kümmern», mahnt Staude. Aus ihrer umfangreichen Analyse von Datenreihen, die bis in die 1940er Jahre zurückgehen, geht hervor, dass lichtliebende