Ein Honigjahr mit Herausforderungen

11/24 | Wissenschaft und Praxis
Sarah Grossenbacher, Redaktion SBZ, (sarah.grossenbacher@bienenschweiz.ch)

Ein Frühling mit winterlichen Kälteeinbrüchen und Waben voller Zementhonig prägten das Honigjahr 2024. Obwohl einige Kantone gute Honigerträge verzeichneten, blieb die Gesamternte hinter den Erwartungen zurück.

Am Anfang schien alles auf eine gute Frühjahrstracht hinzudeuten: Der mildeste Februar seit Messbeginn, ein warmer März und eine sommerliche erste Aprilhälfte liessen die Vegetation dieses Jahr förmlich explodieren. Der Haselstrauch blühte rund drei Wochen früher, und auch der Löwenzahn sowie die Obstbäume zeigten ihre Blütenpracht so früh wie selten zuvor. Nur im Jahr 1961 wurde eine ähnlich frühe Obstblüte registriert. So blühten die Kirschbäume unterhalb von 800 m ü. M. dieses Jahr im Mittel am 2. April und die Apfelbäume folgten am 11. April. Waren die Bienen­völker frühzeitig gross genug, schien einer guten Frühlingsernte nichts im Wege zu stehen. Doch dann machte ein kräftiger Tem­peratur­sturz mit Schnee bis in tiefe Lagen in der zweiten Aprilhälfte die Hoffnung zunichte. Auch der Mai brachte mit zahlreichen Niederschlägen und unterdurchschnittlicher Sonnen­scheindauer schlechte Flugbedingungen für die Bienen.

Das widerspiegelt sich auch in den Frühjahrshonigernten: Ähnlich wie im Vorjahr blieben auf 33,1 % der Bienenstände die Honig­kessel leer. Im Jahr 2022 war das nur auf 19,5 % der Fall. Gesamthaft beträgt die durchschnittliche Frühlingshonigernte pro Bienenvolk 5,1 kg und ist somit leicht tiefer als im letzten Jahr (5,9 kg).

Wie in jedem Jahr zeigten sich regionale Unterschiede bei der Ernte des Frühlingshonigs. Diese sind in der Grafik auf der folgenden Seite oben ersichtlich. Beachten Sie bei den kantonalen Vergleichen jeweils auch die Anzahl der erfassten Bienenstände. Aus dem Kanton Nidwalden kamen dieses Jahr keine Meldungen. Die Honigerträge aus Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Genf, dem Fürstentum Lichtenstein, Obwalden und Uri beruhen auf weniger als zehn Meldungen. Die Zahlen sind also mit Vorsicht zu geniessen. Spitzenreiter war dieses Jahr der Kanton Thurgau mit 12,1 kg Frühlingshonig pro Volk. Die kleinsten Mengen wurden aus dem Tessin (0,1 kg) gemeldet.

Wie sind die Honigernten im Jahr 2024 verteilt? Jeder Punkt in der Grafik repräsentiert einen Bienenstand. In den beiden Kästen befinden sich rund 50% der Punkte. Entlang der senkrechten Linie (Antennen) befinden sich jeweils die unteren und oberen 25%. Oberhalb der Antennen werden die extremen Ausreisser dargestellt. Die horizontale Linie im Kasten zeigt den Median an. Der Median unterteilt die Daten in zwei gleich grosse Hälften. Anders als der Mittelwert (Durchschnitt) wird er weniger von Ausreissern beeinflusst. Der Median des Frühlingshonigs liegt bei 3,75 kg, der Mittelwert liegt etwas höher bei 5,1 kg. Das heisst, dass die Hälfte der Datenpunkte (Bienenstandorte) weniger als 3,75 kg pro Volk erntete. Bei der Sommerhonigernte liegt der Median bei 9,5 kg, der Mittelwert hingegen bei 11 kg.

Ein Sommer geprägt von Melezitose

Auch der Juni zeigte sich regional nass, trüb und wechselhaft. Erst in der zweiten Julihälfte folgten längere heisse Phasen mit viel Sonnenschein. Schon früh im Sommer stellte eine anhaltende Melezitosetracht die Imker/-innen vor grosse Herausforderungen. Die Honig­räume waren zwar gut gefüllt, der Honig konnte aber aufgrund der raschen Kristallisation oft kaum geerntet werden. Betroffene Imker/-innen berichteten, dass zwar das Tränken und Umtragenlassen der Melezitosewaben erfolgreich verlief, diese Arbeit den Bienen aber viel Energie abverlangte und so die Erntemenge geringer ausfiel.

Dennoch lag die durchschnittliche Sommer­honigernte mit 11 kg fast auf dem Vorjahresniveau. Die Totalausfälle, also Bienenstände, an denen gar kein Sommerhonig geerntet wurde, sanken von 6,9 % im 2023 auf 5 % in diesem Jahr. Der Kanton Graubünden verzeichnete mit 21,3 kg die höchste Sommerhonigernte und überschritt somit zum zweiten Mal in Folge die 20-kg-Marke. Geringe Mengen Sommerhonig wurden aus Appenzell Ausserrhoden, Lichtenstein und Zug gemeldet. Das Tessin, das im Vorjahr mit 23,6 kg am meisten Sommerhonig erntete, liegt dieses Jahr mit 11,2 kg im unteren Mittelfeld, da die Bienen aufgrund des schlechten Wetters die Robinien-, Edelkastanien- und Lindentracht nicht oder nur wenig nutzen konnten.

Gesamthonigernte

Die Karte auf Seite 21 zeigt die Gesamthonigernte pro Volk und Kanton. Die Kantone Zürich, Appenzell Innerrhoden, Thurgau, Graubünden und Obwalden verzeichneten mit über 20 kg pro Volk die höchsten Mengen. Am wenigsten Honig wurden im Fürstentum Lichtenstein, in Neuenburg und in Schwyz geerntet. Auch das Tessin verzeichnet mit 11,7 kg eine ausserordentlich tiefe Gesamthonigmenge. Seit dem Jahr 2014 wurden dort im Schnitt immer mehr als 20 kg pro Volk geerntet, teilweise sogar um die 30 kg.

Schweizweit liegt die Gesamthonigernte bei 16,1 kg und ist somit rund ein Kilo tiefer als im Vorjahr (17,1 kg) (siehe Grafik folgende Seite). Die Honigernte dieses Jahr zählt zu den niedrigeren in den letzten fünfzehn Jahren. Nur fünfmal waren die Werte noch tiefer: In den Jahren 2021, 2019, 2012, 2016 und 2014. Mit der 2024er-Ernte sinkt das langjährige Mittel seit 2010 nun auf 19,9 kg pro Volk und Jahr.

Einfluss der Höhenlage

Im letzten Jahr, als der Frühling ebenfalls verregnet war, verzeichneten die höheren Lagen ab 1000 m ü. M. die höchsten Gesamthonigernten. Dieses Jahr wiederholte sich dieses Phänomen aber nicht und die Höhenlage spielte bei der Gesamthonigernte kaum eine Rolle. Interessant ist aber sicherlich die Verteilung der Frühlings- beziehungsweise Sommerhonigernte: In den tieferen Lagen bestand der grösste Teil der Gesamthonigernte aus dem Sommerhonig. Am meisten Frühlingshonig wurde in den voralpinen Lagen (500 bis 999 m ü. M.) geerntet, gefolgt von den alpinen Lagen (1000 bis 2000 m ü. M.). In allen Höhenlagen wurde mehr Sommer- als Frühlingshonig geerntet.

Wie viel kostet ein Glas Honig?

Zum zweiten Mal wurde in der Umfrage der Preis für ein 500 g-Glas Honig abgefragt. Goldsiegelimker/-innen verkaufen ihren Honig im Durchschnitt für 15.10 Fr., was einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr (14.20 Fr.) darstellt. Bio-Suisse Honig wird im Schnitt für 16.90 Fr. verkauft, der Preis ist gegenüber jenem des Vorjahres von 16.60 Fr. leicht gestiegen. Der Honig mit dem Suisse-Garantie-Label kostet durchschnittlich 14.20 Fr.; das ist ebenfalls eine Erhöhung gegenüber den 13.80 Fr. des Vorjahres. Insgesamt zeigt sich bei den Preisen also ein Aufwärtstrend. Aufgrund der begrenzten Datenmenge lassen sich aber keine verlässlichen Aussagen über die regionale Verteilung der Preise machen.

Dank

Dieses Jahr haben 738 Schweizer und Liechtensteiner Imker/-innen mit 1101 Bienenständen an der Umfrage teilgenommen. Davon machen 661 Teilnehmer/-innen beim Goldsiegel-Programm von apisuisse mit, 57 Teilnehmer/-innen waren Bio-zertifiziert und 24 verkaufen ihren Honig im Suisse Garantie Programm. Weitere Programme und Zertifizierungen wie verschiedene Regionallabels wurden nur vereinzelt genannt.

Den teilnehmenden Imkerinnen und Imkern möchten wir hiermit herzlich für ihre wertvollen Angaben danken. Ein grosses Dankeschön gilt auch Joëlle Quadri für das Erstellen und Versenden der Umfrage.

Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde je eine Kiste Honigglasdeckel oder ein 200-Franken-Gutschein für den BienenSchweiz-Shop ausgelost. Die Gewinner sind:

  • Ruedi Gysin
  • Lilo Gruber
  • Muriel Flueck
  • Jakob Troxler
  • Giancarlo Leuenberger

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