Flockenblumen – ein Korb voll Bestäuber

08/24 | Natur und Wildbienen
Daniel Ballmer, Verein Floretia (daniel@floretia.ch)

Die leuchtenden, strubbeligen Blütenköpfe der Flockenblumen (Centaurea) ziehen nicht nur unsere Blicke auf sich, sie locken auch verschiedenste Bestäuber an. Sie sind ideale Pflanzen, um Wildbienen und Schmetterlinge gleichzeitig zu fördern.

Manchmal, wenn ich eine blühende Flockenblume betrachte, denke ich mir: Wer auch immer den Helikopter-Landeplatz erfunden hat, muss von dieser Blüte inspiriert worden sein. Ein stabiles, schuppiges Körbchen dient als Grundlage. Weiter oben zeigt ein äusserer Kranz von langen Zungenblütenblättern wie ein Kreis aus intensiv gefärbten Pfeilen auf die Mitte der Blüte, wo unzählige kleinere Blüten reichlich Nektar und Pollen präsentieren – angeordnet zu einer Plattform oder einer kleinen Kuppe, auf der es sich leicht landen und verweilen lässt. Während andere Pflanzen ausgeklügelte Sperr-, Klapp-, oder gar Pollenwurftechniken entwickelt haben, um ganz bestimmte Bestäuber an ganz bestimmten Körperstellen mit Pollen zu bekleben, ist hier eine Blüte, die zu sagen scheint: «Alle sind willkommen!» Und diese Strategie geht auf: Flockenblumen haben erfolgreich die verschiedensten Nischen besiedelt, von fetten Äckern bis zum magersten Bahnschotter, von Steppen auf Meereshöhe bis in die Hochalpen. Allein in der Schweiz kommen fast zwanzig verschiedene Arten vor, deren Überlebensstrategien völlig verschieden sind – aber alle teilen diese typische, einladende Blütenform, die die verschiedensten Bienen und Schmetterlinge anzieht.

Der gut erreichbare Pollen der Flockenblumen lockt neben Wildbienen oft auch Käfer an, hier einen Goldglänzenden Rosenkäfer (Cetonia aurata). Fotos: Daniel Ballmer
Der gut erreichbare Pollen der Flockenblumen lockt neben Wildbienen oft auch Käfer an, hier einen Goldglänzenden Rosenkäfer (Cetonia aurata). Fotos: Daniel Ballmer

Besonders im Alpenraum fallen die Widderchen (Zygaenidae) auf, die bunten, tagaktiven Nachtfalter, die gerne stundenlang auf den Blütenköpfen von Flockenblumen verweilen. Dass sie in den unteren Lagen deutlich seltener anzutreffen sind, hat wenig mit ihren Vorlieben zu tun und sehr viel mit unserem intensiven Mähen und Düngen in den letzten Jahrzehnten. Auch eine ganze Reihe von Tagfaltern saugt gerne an Flockenblumen, darunter das Schachbrett (Melanargia galathea), das Grosse Ochsenauge (Maniola jurtina) und verschiedene Dickkopffalter (Hesperiidae). Hummeln (Bombus) lieben die stabilen Blütenköpfe ebenso, genau wie der Trauer-Rosenkäfer (Oxythyraea funesta), der Zottige Rosenkäfer (Tropinota hirta) oder der Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola). Während die staatenbildenden Hummeln meist fleissig von Blüte zu Blüte fliegen, sitzen die Kuckuckshummeln, die ihre Brut ins Nest anderer Hummelarten legen, oft sehr lange auf einem Blütenköpfchen und lassen sich sogar von der Berührung eines Fingers kaum aufscheuchen. Gerade unter den Kuckuckshummeln zeigen viele eine starke Präferenz für Flockenblumen und deren nahe Verwandte, die Disteln. Zu den Hummeln gesellen sich zahlreiche Honigbienen. Mit Nektarwert 3, Pollenwert 2–3 und oft recht grossen, blütenreichen Beständen sind Flockenblumen für sie ziemlich attraktiv. Besonders in höheren Lagen sind zudem auch verschiedene Fliegen wichtige Bestäuber.

Die Berg-Flockenblume (Centaurea montana) begeistert mit ihren blau-violetten Blüten nicht nur uns, sondern auch die Insektenwelt. Hier tummeln sich eine Goldwespe (Chrysididae) und eine Beerenwanze (Dolycoris baccarum) gemeinsam am selben Blütenstand.
Die hellrosa Blüten der Rheinischen Flockenblume (Centaurea stoebe ssp. stoebe) leuchten einem besonders rund um Basel entgegen. Ihre weitere natürliche Verbreitung in der Schweiz ist unklar, da diese Art oft mit Ruderalflächen-Mischungen ausgesät wird und sich dank der zunehmenden Sommertrockenheit an vielen neuen Orten etablieren kann.

Tummelplatz für Wildbienen aller Art

Die Wildbienen wiederum, die sich auf Flockenblumen tummeln, lesen sich wie ein Querschnitt durch die gesamte heimische Wildbienenfauna. Der Pollen der Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa) wurde bereits in den Nestern von über dreissig Wild­bienen­arten nachgewiesen, jener der Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) sogar bei rund vierzig Arten. Die anderen Flockenblumen wurden weniger oft nachgewiesen. Ob dies daran liegt, dass sie weniger häufig sind, oder ob sie wirklich weniger beliebt sind, ist nicht ganz klar. Unter den regelmässigen Besucherinnen sind zahlreiche Schmalbienen (Lasioglossum), Furchenbienen (Halictus), Mauerbienen (Osmia, Hoplitis) und Blattschneiderbienen (Megachile). Aber auch überraschend viele Sandbienen (Andrena), obwohl ein Grossteil dieser Gattung schon nicht mehr fliegt, wenn die Flockenblumen blühen. Die Mehrheit der Besucherinnen nördlich der Alpen ist unspezialisiert. Einige, wie die Pippau-Sandbiene (Andrena fulvago) oder die seltene Wegwarten-Sandbiene (Dasypoda hirtipes), besuchen ausschliesslich Korbblütler, aber neben den Flockenblumen noch diverse andere Gattungen. Nur wenige sammeln fast nur an Disteln und Flockenblumen, so zum Beispiel die Distel-Mauerbiene (Osmia leaiana) oder die Einhöckrige Mauerbiene (O. niveata).

Nicht nur die Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa) wird regelmässig von Honigbienen besammelt.
Nicht nur die Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa) wird regelmässig von Honigbienen besammelt.

Von den Alpen südwärts gibt es deutlich mehr Wildbienen, die auf Flockenblumen spezialisiert sind. Wer das Glück hat, im Walliser Rhonetal zu leben, kann Steppenbewohnerinnen wie die Wollfüssige Blattschneiderbiene (Megachile lagopoda), die Steppen-Harzbiene (Icteranthidium laterale) oder die Flockenblumen-Langhornbiene (Tetralonia dentata) fördern. Im Tessin wiederum fliegen mediterrane Raritäten wie die Rotfransige Steinbiene (Lithurgus chrysurus) oder die Fächerfüssige Blattschneiderbiene (Megachile flabellipes) gezielt Flockenblumen an, ganz besonders die Stoebe-Flockenblume (Centaurea stoebe).

Der Schachbrettfalter (Melanargia galathea) liebt rosafarbene Blüten wie die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), auf der er sich morgens oft lange sonnt.
Oft tummeln sich mehrere Widderchen an Flockenblumen, in den Alpen manchmal sogar verschiedene Arten auf derselben Blüte. Auf dieser Skabiosen-Flockenblume im Val Trupchun (GR) sitzen wahrscheinlich ein Hornklee-Widderchen (Zygaena lonicerae) und ein Hufeisenklee-Widderchen (Z. transalpina) nebeneinander.

Auch nach der Blüte ein Hit

Nachdem die Bestäuber mit ihnen fertig sind, locken die Samen der Flockenblumen eine ganze Reihe weiterer Tiere an. Unter ihnen ist der Distelfink (Carduelis carduelis) der absolute Star, mit seinen Farben und seinem fröhlichen Gesang. Gelegentlich sind auch andere Vögel an den Blütenständen zu sehen. Kaum sichtbar, aber nochmals deutlich zahlreicher an den Samen und Blütenböden, sind die Larven spezialisierter Rüsselkäfer und Bohrfliegen, die wiederum von winzigen Erzwespen heimgesucht werden.

Die Blätter der Flockenblumen dienen vielen unspezialisierten Insekten als Nahrung, unter anderem dem Distelfalter (Vanessa cardui) und dem Rainfarn-Blattkäfer (Galeruca tanaceti). In den Alpen und am Genfersee kommt der Flockenblumen-Scheckenfalter (Melitaea phoebe) dazu, dessen Raupen auf die Wiesen- und die Skabiosen-Flockenblume spezialisiert sind. An trockenwarmen Orten fressen an diesen beiden Flockenblumen gelegentlich auch seltenere spezialisierte Raupen. Sie gehören zum grün schillernden Skabiosen-Grünwidderchen (Jordanita notata) oder zum Kleinen Prachteulchen (Eublemma parva), auf der Skabiosen-Flockenblume gelegentlich auch zum Roten Scheckenfalter (Melitaea diamina).

Ein häufiger Gast an Flockenblumen in den Alpen ist der Natterwurz-Perlmutterfalter (Boloria titania).
Die stachligen Blattkäferlarven der Gattung Galeruca, hier auf einer Schafgarbe (Achillea), sind auch oft an Flockenblumen anzutreffen. Sie sind für viele Vögel und Grossinsekten eine willkommene Nahrungsquelle.

Blumenbeet, Gemüsebeet, Topf oder Wiese?

Flockenblumen gibt es für praktisch jede Stelle im Garten, die nicht zu feucht oder zu schattig ist. Welche Flockenblume wohin passt, hängt vor allem von ihrer Lebensdauer und ihrer Mahdverträglichkeit ab. Einige Arten sind hervorragende langlebige Beetpflanzen, die am besten da gedeihen, wo nicht gemäht wird. Sie wachsen optimal in Blumenbeeten oder Töpfen. Andere Arten sind ebenfalls mehrjährig, aber profitieren von fachgerechtem Mähen (mit 10–12 cm Klingenhöhe, sodass die hohen Blattrosetten nicht beschädigt werden). Sie bereichern je nach Art Mager-, Fett- oder Riedwiesen. Die ein- und zweijährigen Arten lassen sich nur längerfristig an einem Ort halten, wenn man sie Jahr für Jahr wieder neu ansät. Oder wenn an diesem Ort immer wieder Lücken in der Vegetation entstehen, wie es bei Gemüsebeeten, Ruderalflächen und sehr trockenen Wiesen der Fall ist. Dafür blühen die kurzlebigen Flockenblumen länger und intensiver als die langlebigen – sie stecken ihre ganze verbleibende Energie in die Blüten. Dies macht sie besonders attraktiv für Töpfe und Balkonkistchen. Welche Flockenblume sich für welche Situation eignet, steht im Kastentext. Aber egal, für welche Flockenblume Sie sich entscheiden: Sie holen sich damit einen wunderschönen und am richtigen Platz äusserst pflegeleichten Bestäubermagneten in den Garten.

Für jeden Zweck die passende Flockenblume

Unter den Flockenblumen gibt es lang- und kurzlebige Arten. Einige kommen in gemähten Wiesen gut zurecht, andere fühlen sich eher in Blumenbeeten wohl. Darum ist die Wahl der richtigen Art entscheidend. Hier eine kleine Übersicht über die im Handel erhältlichen Arten:

• Gewöhnliche Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea ssp. jacea), rosa, für sonnige, frische bis leicht trockene Fett- und Halbfettwiesen, die ein- bis dreimal pro Jahr gemäht werden.

• Schmalblättrige Wiesen-Flockenblume (C. jacea ssp. angustifolia), rosa, für sonnige, trockene bis wechselfeuchte Mager- und Riedwiesen, die nur einmal pro Jahr gemäht werden.

• Skabiosen-Flockenblume (C. scabiosa), tiefrosa, für sonnige, trockene Mager- bis Halbfettwiesen mit ein bis zwei Mahden pro Jahr; funktioniert auch gut in Beeten.

• Nur im Tessin: Schwärzliche Flockenblume (C. nigrescens), rosa, für sonnige, frische Fettwiesen, die zwei- bis dreimal pro Jahr gemäht werden.

Langlebige Beetpflanzen:

• Berg-Flockenblume (C. montana), blauviolett, für frische, sonnige bis halbschattige Orte, gerne in höheren Lagen, dort auch in Bergwiesen mit einer Mahd pro Jahr.

• Nur im Tessin: Trionfettis Flockenblume (C. triumfettii), blauviolett, für trockene bis frische, sonnige oder halbschattige Orte.

Zweijährige Beet- und Trockenwiesenpflanzen, bilden das erste Jahr nur Blätter aus, blühen im zweiten Jahr und sterben dann ab:

• Nur im Wallis: Walliser Flockenblume (C. vallesiaca), hellrosa, für trockene Orte.

• Nur im Raum Basel: Rheinische Flockenblume (C. stoebe ssp. stoebe), rosa, für trockene Orte.

Einjährige Arten, als Begleiter in Beeten und Töpfen, müssen jedes Jahr neu gesät werden:

• Kornblume (C. cyanus), blau, für trockene bis frische Orte mit viel Sonne.

• Mediterran, für die Schweiz eher nicht empfohlen: Sonnenwend-Flockenblume (C. solstitialis), gelb und sehr stachlig.

Normalerweise sind hier im Kasten passende Begleitpflanzen aufgelistet. Hier ist dies nicht nötig. Flockenblumen sind gute Nachbarn für praktisch alle anderen Stauden und Gräser, die ähnliche Standortansprüche haben wie sie.

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