Giftstoffe und Giftigkeit

01/24 | Wissenschaft und Praxis
Joseph Hemmerlé, Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (Inserm), Paris, (joseph.hemmerle@inserm.fr)

Gifte sozialer Hautflügler sind natürliche chemische Waffen, die zur Verteidigung und gegen Raub eingesetzt werden. Darunter ist Bienengift das am weitesten untersuchte und am besten dokumentierte Insektengift.

Bienengift besteht zu fast 90 % aus Wasser und verschiedenen Stoffen, die in drei Stoffgruppen eingeteilt werden können: Peptide (Ketten aus mehreren Aminosäuren), Enzyme (Katalysatoren für biochemische Reaktionen) und biogene Amine (Abbauprodukte eines Eiweissbausteins). Im Bienengift wurden bereits etwa sechzig Bestandteile identifiziert. Einige dieser Moleküle sind Allergene – diese können Allergien erzeugen– andere nicht. Während einige Verbindungen aus dem Bienengift oft an begrenzten toxischen Effekten beteiligt sind, verursachen allergene Substanzen lokale und/oder systemische (mehrere Organsysteme gleichzeitig betreffende) Reaktionen, einschliesslich lebensbedrohlicher, allergischer Reaktionen, die zu Kreislaufschock und Organversagen führen können (Anaphylaxie).

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines ausgestreckten Bienestachels von unten gesehen.

Die wichtigsten allergenen Stoffe

  • Melittin, ein Polypeptid (eine Eiweisskette aus mindestens zehn Aminosäuren), ist der Hauptbestandteil des Bienengiftes, der ca. 50 Prozent der Wirkstoffmasse ausmacht. Das Molekül ist ein Toxin (Giftstoff) mit signifikanter hämolytischer Aktivität, das heisst, es zerstört rote Blutkörperchen. Es führt auch zur Freisetzung von Faktoren, die Entzündungsreaktionen regulieren, wie das Histamin. Obwohl die antigene Wirkung – das Immunsystem wird zur Produktion von Antikörpern angeregt – des Polypeptids nachgewiesen ist, gilt es als geringfügiges Allergen. Bekannt ist auch, dass Melittin für die Schmerzen nach dem Stich und eine anhaltende Entzündungsreaktion verantwortlich ist. Ausserdem ist das Toxin blutdrucksenkend und bewirkt ein Zusammenziehen der glatten Muskulatur.
  • Phospholipase A2 (PLA2) ist ein hochallergenes Enzym. Phospholipasen hydrolysieren (spalten) Phospholipide – Bestandteile der Zellmembranen – und wirken deshalb zellschädigend. Wenn Zellschäden aufgrund der Wirkung von PLA2 menschliche basophile Granulozyten (eine Untergruppe der weissen Blutkörperchen) betreffen, kommt es zu einer unspezifischen Freisetzung des Gewebshormons Histamin.
  • Hyaluronidase, ein Enzym, baut Hyaluron­säure

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