Am 6. April fand in Baar die 146. Delegiertenversammlung von BienenSchweiz statt. Im Fokus stand die Wahl von Martin Schwegler zum neuen Zentralpräsidenten und die Wildbienen-Honigbienen Konkurrenz.
Bei beinahe sommerlichen Temperaturen trafen sich die 190 Delegierten und zahlreichen Gäste im Gemeindesaal in Baar. Bereits vor dem offiziellen Start der Delegiertenversammlung war eine positive Stimmung spürbar und die Imker/-innen tauschten sich über die ersten Bienenschwärme, die frühe Blütenpracht und die aufgesetzten Honigräume aus. Eingeladen hat der Zuger Kantonale Imkerverein, dessen Organisationskomitee und zahlreichen Helfer/-innen den Anlass perfekt vorbereitet und durchgeführt haben.
Bienen und Politik
Mathias Götti Limacher begrüsste die Anwesenden das letzte Mal in seiner Rolle als Zentralpräsident und wandte sich der Motion «Sicherung der Insektenbestäubung, insbesondere durch Wild- und Honigbienen» zu, die von Ständerat Peter Hegglin in der kleinen Kammer eingereicht und im Dezember letzten Jahres von einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde. Die Motion fordert den Bundesrat auf, nachhaltige Massnahmen zur Sicherung der Insektenbestäubung zu ergreifen und gegebenenfalls die noch fehlenden gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen. So freut es Götti Limacher besonders, dass er das Wort an Peter Hegglin übergeben darf. Der Siegelimker ist neu Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe Bienen und betont, dass es so einige Verbindungen zwischen den Bienen und der Politik gibt. Die Bienen – aber auch die Imkerinnen und Imker – sind Sympathieträger/-innen. «Aber das ist nicht selbstverständlich. Dafür müssen wir immer wieder einstehen, für die Sensibilisierung und für das Image unserer Tätigkeit», meint Hegglin und lobt in diesem Zusammenhang die Arbeit des Verbands.
Wild- und Honigbienen
Die Verbandsarbeit war in jüngster Zeit stark geprägt von den Diskussionen rund um eine mögliche Konkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen. Forderungen nach gesetzlichen Beschränkungen der Honigbienenhaltung wurden medial gut aufgenommen und teilweise auch in politischen Vorstössen umgesetzt. Fast die Hälfte der rund 600 Wildbienenarten in der Schweiz sind gefährdet. Nachhaltige Lösungen sind also dringend notwendig. Doch kann eine gesetzliche Regulierung der Honigbienenhaltung tatsächlich die Situation der Wildbienen verbessern? Vincent Dietemann vom Zentrum für Bienenforschung legte in seinem Fachreferat wissenschaftlich fundiert dar, dass die Hauptgründe für den Wildbienenschwund vor allem im Verlust der Lebensräume, dem Nahrungsmangel, dem Einsatz von Pestiziden und dem Klimawandel liegen. Für eine mögliche Nahrungskonkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen ist die Faktenlage zu mangelhaft und es können seriös keine diesbezüglichen Rückschlüsse gezogen werden. Gemäss Dietemann sind «Konkurrenzgeschichten nicht produktiv. Für eine optimale Bestäubung, die Ernährungssicherheit und den Naturschutz brauchen wir sowohl Wild- als auch Honigbienen.»
Martin Schwegler wird neuer Zentralpräsident
Den Diskurs rund um Wild- und Honigbienen wird auch Martin Schwegler in Zukunft stark beschäftigen. Der Menznauer Rechtsanwalt wurde von der Delegiertenversammlung in Baar als Nachfolger von Mathias Götti Limacher gewählt, der sein Amt nach sieben Jahren abgibt und neu Geschäftsführer von BienenSchweiz wird. Ebenso wurde mit Othmar Frey, Oberengstringen, ein neues Vorstandsmitglied gewählt. Mit der personellen Neuordnung soll eine klare Trennung zwischen operativer und strategischer Verantwortung geschaffen werden, wie sie bereits an der Delegiertenversammlung vor einem Jahr in Grindelwald präsentiert wurde.
Interview mit Martin Schwegler, neuer Zentralpräsident von BienenSchweiz
Bienen-Zeitung: Martin, Gratulation zur Wahl! Du selbst sagst, dass du das Amt nie gesucht hast. Was hat dich schliesslich dazu bewogen, dich für das Präsidium zur Wahl zu stellen?
Martin Schwegler: Es sind mehrere Faktoren zusammengekommen. Ich bin so oder so daran, mich etwas aus der Tätigkeit als prozessierender Anwalt zurückzuziehen, deshalb habe ich schon vor vier Jahren eine Aktiengesellschaft gegründet und meine angestellten Anwälte als Partner beteiligt. Es ist Teil der Abmachung mit ihnen, dass ich mich zunehmend auf Beratungsmandate konzentriere und mein Pensum reduziere. Denn nach über 25 Jahren Tätigkeit als Anwalt habe ich es irgendwie gesehen. Ich war und bin also offen für Neues. Und weil meine Kollegen im ZV mich schon mehrmals angesprochen haben, reifte der Gedanke, das Präsidium zu übernehmen. Weiter befindet sich BienenSchweiz in einer sehr interessanten Phase der Weiterentwicklung. Hier ist es sinnvoll, wenn für Kontinuität gesorgt wird. Ein neuer Präsident oder Präsidentin, der oder die von aussen käme, müsste sich zuerst einarbeiten, was hemmend sein könnte. Und schliesslich passt es menschlich sehr. Mathias und ich haben ähnliche Haltungen, wir schätzen uns und wir wissen gegenseitig, wie wir «funktionieren». Es ist deshalb für ihn sicher einfacher, das Präsidium abzugeben, als wenn damit viele unbekannte Faktoren verbunden wären. Aber auch die Zusammenarbeit mit den anderen ZV-Mitgliedern oder den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle macht Freude.»
Kannst du uns etwas über deinen beruflichen und imkerlichen Hintergrund erzählen?
Mein Vater war Imker, in der ganzen weiteren Verwandtschaft hat es viele Imker. Dass ich das Imker-Gen auch habe, merkte ich aber erst um 2011 herum, als mir mein Vater nach einem Jahr gemeinsamen Arbeiten bei den Bienen diese einfach überliess. Ich startete mit einem alten Bienenhaus mit sieben Völkern, inzwischen bin ich bei drei Bienenhäusern, welche neu oder im Schuss sind und bei rund 40 Völkern, was leicht zu viel ist. Ich sage immer, dass für mich die Imkerei «Burnout-Prävention» ist. Ich habe dann im Jahr 2014 die Ausbildung zum Imker mit Fachausweis gestartet. Seit 2015 bin ich Präsident der Sektion Wolhusen-Willisau, dieses Präsidium gebe ich auf die nächste GV ab. Zudem bin ich Reinzüchter der Dunklen Biene.
In deiner Amtszeit wirst du – anders als dein Vorgänger – nur strategisch tätig sein. Welche Ziele verfolgst du dabei?
Aktuell beschäftigt sich der ZV öfters mit operativen Fragen. Meine Aufgabe wird sein, dafür zu sorgen, dass die Trennung zwischen operativer und strategischer Tätigkeit zunehmend umgesetzt wird, wobei mir klar ist, dass dies nicht immer möglich und sinnvoll ist. Der ZV muss sich für das Operative sehr wohl interessieren. Seine Aufgabe ist es, die operative Arbeit zu beobachten, zu begleiten, zu coachen und wo nötig einzugreifen.
Wir haben formuliert, dass wir das Kompetenzzentrum für Bienenfragen, inklusive Wildbienen, werden wollen. Entsprechend muss unser Ziel sein, dass es keine Dok-Sendung im Schweizer Fernsehen über Bienen mehr gibt, in der wir nicht zu Wort kommen. Wir wollen auch unseren politischen Einfluss ausbauen.
Welches sind die grössten Herausforderungen, die BienenSchweiz in Zukunft überwinden muss?
Sicher die Mittelbeschaffung, denn die Umsetzung unserer Ziele und Massnahmen führt zwangsläufig zu höheren Kosten. Wollen wir strukturelle Defizite vermeiden, müssen wir mehr Einnahmen als bisher generieren. Da haben wir klare Vorstellungen, wie das gehen soll. Sollten wir bei der Mittelbeschaffung nicht erfolgreich sein, werden wir in den nächsten drei, vier Jahren schmerzhafte Korrekturen machen müssen. Allerdings bin ich sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen. Wir profitieren davon, dass die Biene immer noch ein Sympathieträger ist. Aber eine der Herausforderungen ist auch dafür zu sorgen, dass dies so bleibt.
Das Thema Wildbienen prägt die Arbeit im Verband. Rücken dabei die Interessen und Herausforderungen der Imkerschaft zu sehr in den Hintergrund?
Das täuscht vielleicht etwas. Die Wildbienenthematik nimmt relativ wenig Ressourcen in Anspruch. Sie ist aber in der Öffentlichkeit stark präsent. Mit der Umbenennung von VDRB zu BienenSchweiz und der damit verbundenen Statutenänderung haben wir heute einen anderen Auftrag als unsere Vorgänger vor zehn oder mehr Jahren. Wir haben sowohl unser Leitbild sowie die daraus sich ableitenden Ziele und Massnahmen nach Umfragen bei den Sektionen erarbeitet. Unser Auftrag lautet nicht mehr nur: Interessenvertretung der Imkerschaft! Nebenbei bemerkt müsste man klären, was darunter genau verstanden wird. Solange die Honigbienenhaltung mehrheitlich ein Hobby ist, sind wirtschaftliche Aspekte sekundär. Prioritär scheint mir eine intakte Umwelt, damit Honigbienenhaltung ohne Frust möglich ist und Freude bereitet. Ich bin deshalb überzeugt, dass der Einsatz für die Wildbienen auch der Honigbienenhaltung hilft.
Liebe Imkerinnen und Imker,
In meiner bisherigen Funktion als Präsident hat es sich so entwickelt, dass ich sowohl die Leitung der strategischen wie auch der operativen Ebene innehatte. In der neuen Struktur, die wir im Rahmen der Weiterentwicklung unserer Organisation BienenSchweiz am Umsetzen sind, ist eine Trennung zwischen operativen und strategischen Tätigkeiten vorgesehen. So kam ich auch zur Überzeugung, dass ich das Präsidium abgeben werde. Dass sich Martin Schwegler für das Amt zur Verfügung gestellt hat, ist für uns alle der Optimalfall. Er hat Führungserfahrung und ist seit meinem Start als Präsident im Jahr 2017 Mitglied des Zentralvorstands. In dieser Zeit hat er die strategische Entwicklung stark mitgeprägt.
Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen des Zentralvorstandes, dem ganzen Team von Mitarbeitenden und Ihnen allen, liebe Imkerinnen und Imker, für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit! Es war eine sehr schöne Zeit als Präsident! Ich habe den Kontakt mit Ihnen allen immer geschätzt und freue mich auf die Arbeit in der neuen Konstellation und meiner neuen Funktion in der operativen Leitung als Geschäftsführer. Martin Schwegler wünsche ich einen guten Start in die Präsidentschaft!»
Mathias Götti Limacher