Imkern mit der Asiatischen Hornisse

03/25 | Wissenschaft und Praxis
Sarah Grossenbacher, Redaktion Schweizerische Bienen-Zeitung, (sarah.grossenbacher@bienenschweiz.ch)

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) ist gekommen, um zu bleiben. Was bedeutet das für unsere Imkerpraxis?

Vor rund zwanzig Jahren gelangte die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) mit einer Schiffsladung nach Frankreich und hat sich seither rasant vermehrt. Über ihre Ausbreitung in der Schweiz haben wir in dieser Zeitschrift bereits einige Male berichtet. Neue Zahlen bestätigen ihren Siegeszug: Gemäss Carine Vogel, der Verantwortlichen für die Plattform www.asiatischehornisse.ch, hat sich die Anzahl positiver Meldungen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.

Aufklärung dringend nötig

Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Ausbreitung weiter exponentiell zunimmt. Wir müssen lernen, mit dem ungebetenen Gast zu imkern – doch dafür müssen wir ihn richtig kennen. Das wissen auch Joost Oerlemans und Maria Corpataux. Die beiden sind in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt aktiv an der Nestsuche beteiligt. «Die Imkerschaft muss dringend aufgeklärt werden», betont Joost Oerlemans. «Denn viele Imkerinnen und Imker wissen gar nicht, was auf sie zukommt», meint Maria Corpataux weiter. Ein Nest der Asiatischen Hornisse braucht pro Saison im Durchschnitt geschätzte elf Kilo Insekten, ein grosses Nest deutlich mehr. Untersuchungen in Frankreich zeigten, dass ihre Beute zu rund 38 % aus Honigbienen, 20 % aus sozialen Wespen und zu rund 30 % aus Zweiflüglern besteht.1

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) wird in Zukunft die imkerliche Betriebsweise beeinflussen. (Foto: Sarah Grossenbacher)

Kenne deinen Feind!

Ein Grundwissen über die Asiatische Hornisse und ihren Lebenszyklus (siehe Grafik unten) ist zentral und erklärt die möglichen Herausforderungen sowie ihre Schwachpunkte: Erst im Sommer und Herbst, wenn die Sekundärnester gross sind und für die Larven reichlich Protein benötigt wird, besteht eine Gefahr für die Bienenvölker. Ebenfalls wichtig ist: Die Primärnester befinden sich in der Regel an einem geschützten Ort: in Hecken, Sträuchern, Gartenhäusern oder unter Dachvorsprüngen.

Grafik: Apiservice Der Lebenszyklus der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina).
Der Lebenszyklus der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina) (Grafik: Apiservice).

Gesunde, starke Völker

Was heisst das nun für die imkerliche Betriebsweise? Um das herauszufinden, hat sich Joost Oerlemans mit dem britischen Imker Alan Baxter ausgetauscht. Der Autor des Buches «Fit2Fight – a practical guide for managing the Asian hornet» hat über zwanzig Jahre in Frankreich geimkert und dort Erfahrungen mit der Asiatischen Hornisse am eigenen Bienenstand gesammelt. «Wichtig sind drei Säulen – gesunde Völker, starke Völker, genug Futter», so Joost Oerlemans. Eine regelmässige Gesundheitskontrolle, eine tiefe Varroabelastung und die gute imkerliche Praxis sind das A und O.

Die Völker sollen bereits früh stark sein, sodass sie für Angriffe, die ab Juli zunehmen können, gewappnet sind: Gut isolierte Beuten können die frühe Entwicklung fördern. Kleinere, gesunde Völker sollten vereint werden, junge, legefreudige Königinnen aufweisen und im besten Fall nicht durch Schwärmen geschwächt werden. Wie wichtig starke Völker sind, betont auch Fabian Trüb vom Bienengesundheitsdienst: «Jungvölker sollten deshalb möglichst früh im Jahr – vor der Sonnenwende – gemacht werden, damit sie zur Angriffszeit bereits stark genug und während ihres Wachstums gut mit Pollen versorgt sind».

Fallen? Nein!

Es ist verlockend, die ersten Königinnen im Frühling mit Fallen zu fangen. Von der Nützlichkeit dieser Praxis ist Lukas Seehausen nicht überzeugt «Das Vorgehen ist in der Wissenschaft umstritten und hat bei anderen invasiven Arten wie der Deutschen Wespe (Vespula germanica) in Neuseeland keinen Erfolg gebracht», erklärt der Spezialist für gebietsfremde Arten. So zeigt auch eine Studie aus Frankreich, dass das Abfangen von Velutina-Königinnen die Populationsdichten nicht senkt.2

Die Sterblichkeit bei den Königinnen ist im Frühjahr hoch. Nicht jede Königin wird später auch ein Nest bauen. Ein weiteres – und zentrales – Problem ist der Beifang. Keine der aktuell verfügbaren Fallen ist selektiv, wodurch auch andere Insekten gefangen werden. Die Beevital-Falle gilt zwar aktuell als die beste, gemäss einer Studie aus Frankreich liegt ihre Selektivität jedoch bei nur 25 %.3 Die geringe Effektivität, der grosse Aufwand und der mögliche Schaden an der Biodiversität rechtfertigen den Einsatz also nicht.

Primärnester entfernen

Im Frühling ist das Beobachten vor dem Flugloch, das Melden der Sichtungen sowie das Entfernen der Primärnester zentral. Zu diesem Zeitpunkt lassen sich diese wegen ihrer Lage und Grösse einfacher und günstig beseitigen. Zudem braucht es dafür oft keine Insektizide. Dennoch gehört jede Nestentfernung in die Hände von Fachpersonen. Teilweise wird empfohlen, ein entdecktes Primärnest noch nicht sofort zu zerstören, da sich die Königinnen zuerst noch gegenseitig bekämpfen (Usurpation). Von diesem Zuwarten rät Lukas Seehausen jedoch ab.

Flugstarre verhindern

Ab Juli taucht die Asiatische Hornisse vermehrt vor den Fluglöchern auf, vor allem in Regionen mit hohen Nestdichten. In neuen Gebieten wird sie oft erst im Herbst bemerkt. Bei starkem Befall helfen gittergeschützte Volieren vor den Fluglöchern (BGD-Merkblatt 2.7.1., www.bienen.ch/merkblatt). Diese sollten aber nicht vorsorglich angebracht werden. «Das Prinzip wird oft falsch verstanden», erklärt Maria Corpataux. «Mit dem Vorbau werden die Asiatischen Hornissen zwar weiter jagen, aber die Bienen geraten später in die sogenannte Flugstarre, bei der sie sich nicht mehr aus dem Stock trauen.» Das hätte gravierende Folgen: Ohne Nektar- und Polleneintrag könnte die Königin ihre Legetätigkeit einstellen – möglicherweise zu einer Zeit, wo Winterbienen aufgezogen werden. In diesem Fall können Imkerinnen und Imker mit Futtersirup (1:1) und Pollenwaben den Futterstrom sicherstellen.

Wie so oft in der Imkerei gilt auch hier: Starke, gesunde Völker verkraften Angriffe besser. Ein eingeengtes Flugloch unterstützt die Wächterbienen. Auch Pflanzen wie Rebstöcke oder Gebüsche vor den Bienenstöcken können die Jagd zusätzlich erschweren.

Es gibt Hinweise darauf, dass bei der Ameisensäurebehandlung die Wächterinnen weniger aktiv sind. Es lohnt sich deshalb, die Varroabekämpfung mittels Brutfreiheit und Oxalsäure durchzuführen.

Das gittergeschützte Flugloch verhindert die Flugstarre bei den Bienen. Trotz Angriff werden sie so weiter Sammelflüge bestreiten (Foto: Apiservice).

Sekundärnester finden

Bei Beflug sollten die Nester mithilfe der Triangulation gesucht werden. Die Anleitung finden Sie im Merkblatt 2.7.2. Organisieren Sie sich im Verein und bilden Sie möglichst früh «Vespa-Scouts» aus, die sich gemeinsam mit Imker/-innen auf die Nestsuche machen. Im Team ist die Aufgabe einfacher zu bewältigen. Jedes entfernte Nest senkt den Velutina-Druck im Vereinsgebiet.

Ein Dochtglas gefüllt mit Lockstoff – so können Asiatische Hornissen abgefangen und für die Triangulation markiert werden (Foto: Sarah Grossenbacher).

Kein Zutritt zur Wintertraube

Asiatische Hornissen können teilweise bis in den Dezember aktiv sein und durch die unbewachten Fluglöcher einfach an die Winterbienen gelangen. Ein Gitter oder eine Fluglochverengung am Eingang verhindern, dass die Asiatischen Hornissen in die Beuten eindringen. «Ein gewöhnliches Mäusegitter reicht hier aber nicht. Die Verengung sollte maximal fünfeinhalb Millimeter hoch sein!», betont Joost Oerlemans. Dafür passt notfalls auch ein zugeschnittenes Königinnenabsperrgitter. Es ist wichtig, dass der Totenfall am Flugloch regelmässig entfernt wird, da es sonst verstopft. Nach dem Ende der Beflüge müssen die Gitter wieder entfernt werden, damit die Bienen den Totenfall ausräumen können.

Wie weiter?

Bei der rasanten Vermehrung der Vespa velutina stellt sich die Frage, ob auch in ein paar Jahren noch Nester zerstört werden. «Ja!», meint Lukas Seehausen. «Damit können wir die Ausbreitung verlangsamen und die Kosten senken. Dort, wo die Asiatische Hornisse bereits etabliert ist, werden wir vor allem Nester entfernen, um eine lokale Entlastung zu schaffen. Das kann aber nur gelingen, wenn wir effizientere und günstigere Methoden entwickeln. Daran arbeiten wir momentan.» Zudem bestehe durch eine bestenfalls national koordinierte Bekämpfung auch die Hoffnung, das Plateau der Populationsdichte langfristig zu senken.

Klar ist: Die Asiatische Hornisse bleibt und das wird sich auch im imkerlichen Betriebskonzept verankern. Ein möglicher Weg, wie das aussehen könnte, haben wir Ihnen hier aufgezeigt – weitere Möglichkeiten werden in den nächsten Jahren sicher noch dazukommen.

Alle sind gefragt

Die Asiatische Hornisse wird aber kein reines Imkerproblem bleiben – auch im Obstbau werden Schäden vorkommen und Stiche können zum Risiko werden.4 Neben Honigbienen sind auch andere Insekten bedroht, was sich negativ auf die Biodiversität auswirken wird.5,6 Deshalb sind alle gefragt, um gemeinsam Lösungen zu finden und geeignete Massnahmen zu ergreifen: die Imker/-innen, die Landwirtinnen und Landwirte, die Naturschützer/-innen und die Öffentlichkeit.

Öffentliche Vorträge zum Thema «Imkern mit der Asiatischen Hornisse finden Sie unter: www.bienenzeitung.ch/events-asiatische-hornisse

Literatur

  1. Rome, Q.; Perrard, A.; Muller, F.; Fontaine, C.; Quilès, A.; Zuccon, D.; Villemant, C. (2021) Not just honeybees: predatory habits of Vespa velutina (Hymenoptera: Vespidae) in France. Annales de La Societe Entomologique de France 57(1): 1–11 (https://doi.org/10.1080/00379271.2020.1867005).
  2. Monceau, K.; Bonnard, O.; Thiéry, D. (2012) Chasing the queens of the alien predator of honeybees: A water drop in the invasiveness ocean. Open Journal of Ecology 2(4): 183–191 (https://doi.org/10.4236/oje.2012.24022ï).
  3. ITSAP (2023) Piégeage des fondatrice au printemps: Attractivité et selectivité de dispositifs de piégeage – dynamique de capture (https://interapi.fr/wp-content/uploads/2024/11/Fiche_Frelon_InterApi_2024.pdf).
  4. Nave, A.; Godinho, J.; Fernandes, J.; Garcia, A. I.; Ferreira Golpe, M. A.; Branco, M. (2024). Vespa velutina: a menace for Western Iberian fruit production. Cogent Food & Agriculture 10(1) (https://doi.org/10.1080/23311932.2024.2313679).
  5. Rojas-Nossa, S. V.; Calviño-Cancela, M. (2020) The invasive hornet Vespa velutina affects pollination of a wild plant through changes in abundance and behaviour of floral visitors. Biological Invasions 22(8): 2609–2618 (https://doi.org/10.1007/s10530-020-02275-9)
  6. Rojas-Nossa, S. V.; O’Shea-Wheller, T. A.; Poidatz, J.; Mato, S.; Osborne, J.; Garrido, J. (2023) Predator and pollinator? An invasive hornet alters the pollination dynamics of a native plant. Basic and Applied Ecology 71: 119–128 (https://doi.org/10.1016/j.baae.2023.07.005).

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