Praktisch alle Wildrosen sind hervorragende Bienenweiden. Aber Wildrose ist nicht gleich Wildrose. Hier stelle ich Ihnen zwei Rosengruppen vor, die jeden bienenfreundlichen Garten bereichern, aber trotz allem noch viel zu selten in Gärten anzutreffen sind.
Daniel Ballmer, Verein Floretia (daniel@floretia.ch)
Eigentlich sind Rosen hervorragende Trachtpflanzen: Sie liefern grosse Mengen Pollen, die meisten von ihnen blühen mitten in der Trachtlücke, und ihre Blüten sind sehr einfach zugänglich und werden von vielen unspezialisierten Bienenarten angeflogen. Praktisch ist ein Rosengarten aber oft kein gutes Omen für Wild- und Honigbienen. Den meisten Zierrosen wurden nicht nur gefüllte Blüten angezüchtet, die für Bienen schwer erreichbar und wenig ergiebig sind – viele Sorten sind auch so sensibel, dass sie regelmässig mit Pestiziden behandelt werden.
Wer Rosen liebt, aber Bienen ebenso, greift deshalb zu resistenten Rosenarten und -sorten, deren Blüten nicht gefüllt sind. Unter den Zuchtformen sind hier insbesondere alte Sorten aus der Gruppe der Essig- (Rosa gallica) und Damaszener-Rosen (Rosa damascena) zu empfehlen. Auch unter den Kletter- und Rambler-Rosen gibt es viele Sorten, die sich problemlos ohne Pestizideinsatz pflegen lassen.
Nochmals deutlich resistenter sind Wildrosen. Sie haben allerdings den ästhetischen Nachteil, dass sie kurz und intensiv blühen statt die ganze Saison lang. Und weil sie nicht schön- und schwachgezüchtet wurden, sind sie oft recht konkurrenzstark und können am falschen Ort als invasive Pflanzen erheblichen Schaden anrichten. Besonders augenfällig ist dies an der Nord- und Ostsee, wo die ostasiatische Kartoffel-Rose (Rosa rugosa) riesige Bestände bildet, oder in der argentinischen Pampa, wo sich die europäische Wein-Rose (R. rubiginosa) seit Jahrzehnten ausbreitet. Auch hierzulande wuchert die asiatische Vielblütige Rose (R. multiflora) vielerorts in Auenlandschaften und Feuchtgebieten. Wer Wildrosen verwendet, sollte sich deshalb auf die einheimischen Arten beschränken.
Duft aus unerwarteter Quelle
Glücklicherweise gibt es unter den einheimischen Wildrosen zwei Artengruppen, die zwar nicht länger blühen als die anderen, aber trotzdem die ganze Saison über duften. Die Blätter und Blütenstiele der Wein-Rosen (Rosa subsect. Rubigineae) und Filz-Rosen (Rosa subsect. Vestitae) sind über und über mit winzigen Duftdrüsen besetzt. Die Wein-Rosen riechen bei Berührung angenehm nach Wein und reifen Früchten, die Filzrosen nach Harz und Tannennadeln. Ihr Parfüm bleibt auch nach der Berührung noch lange an den Händen haften. Die Drüsen dienen als erste Verteidigungslinie gegen Raupen und andere gefrässige Insekten, die sich daran die Beine und Mundwerkzeuge verkleben sollen. Die Blüten hingegen sind genauso offen und einladend für Insekten wie andere Wildrosen auch. Zu ihren Liebhabern gehören Rosenkäfer (Cetoniidae), Honigbienen (Apis mellifera), Hummeln (Bombus) und unspezialisierte Wildbienen, insbesondere Sand- (Andrena) und Mauerbienen (Osmia). Alle von ihnen sammeln vor allem Pollen an den Rosen, da diese keinen Nektar führen. Ihr Pollenwert für Honigbienen liegt bei 4 (sehr gut). Die meist tiefrosa gefärbten Blüten der Wein-Rosen und die weissen oder hellrosa Blüten der Filz-Rrosen öffnen sich genau dann, wenn die meisten Wiesen gemäht wurden – im Mittelland schon im Juni, in höheren Lagen im Juli. Damit sind sie für Honigbienen und Hummeln gleich nochmals bedeutsamer, gerade in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft. Da ihre Blühdauer deutlich kürzer ist als ein Wildbienenleben, sollten Wein- und Filz-Rosen in Gesellschaft von anderen Pflanzen stehen, die vor oder nach ihnen blühen. Nur so können sie auch Wildbienen angemessen ernähren. Weitere Informationen dazu finden Sie im Kastentext.
Übrigens finden Wein- und Filz-Rosen nicht nur unter den Bestäubern zahlreiche Liebhaber. Trotz ihrer klebrigen Drüsen dienen ihre Blätter einigen Nachtfaltern als Raupennahrung. Die Rosengallwespe (Diplolepis rosae) schafft im Herbst ihre kleinen Kunstwerke auf den Rosenblättern, die dem Strauch übrigens nicht schaden. Wo dicke Zweige gekappt wurden, bilden sich Hohlräume, die kleinen Wildbienen und Grabwespen als Nistplatz und Winterquartier dienen können, beispielsweise den Keulhornbienen (Ceratina). Die langlebigen Früchte, die Hagebutten, werden von den Vögeln bis in den Spätwinter oder Frühling hängen gelassen. In milden Wintern kann es sein, dass die meisten nicht angerührt werden und am Strauch verdorren; in harten Wintern allerdings überleben viele Vögel nur dank Hagebutten. Das späte Interesse der Vögel macht die Hagebutten im Herbst auch zu einem kleinen Mekka für fruchtfressende Insekten wie Rüsselkäfer oder die Braune Randwanze (Gonocerus acuteangulatus). Eine grosse Bedeutung haben Wildrosen auch als katzensichere Nistplätze für Vögel. Besonders hohe oder breite Rosensträucher, die einzeln oder zusammen mit anderen Dornensträuchern stehen, werden von Amseln und Rotkehlchen gerne als Brutplatz angenommen.
Welche Rose passt in meinen Garten?
Wildrosen zeigen einen ziemlich variablen Wuchs. Filz-Rosen bilden an den windigen Hängen der Alpen gern dichte, niedrige Bestände, während sie andernorts zu hohen, einzeln stehenden, lockerwüchsigen Sträuchern heranwachsen. Wein-Rosen wachsen mal als Sträucher, mal klettern sie Bäume hoch. Beide Artengruppen bleiben in den höheren Lagen eher klein und kompakt, in tieferen Lagen werden sie grösser. Diese Unterschiede haben dazu geführt, dass Rosenforscher im 18. und 19. Jahrhundert Hunderte verschiedener «Arten» beschrieben haben, die nach und nach zusammengelegt wurden. Wer die aktuelle Botanikliteratur studiert, findet allein für die Schweiz immer noch vier bis sechs Wein-Rosen- und drei bis fünf Filz-Rosenarten. Genetisch lassen sich auch diese «Arten» allerdings kaum bis gar nicht unterscheiden. In einigen Jahren werden hoffentlich nur noch ein bis zwei Wein-Rosenarten und eine Filz-Rosenart anerkannt sein. Bis dahin müssen wir uns allerdings in den Fachbüchern immer noch mit einem Wildwuchs an Namen herumschlagen und in den Gärtnereien werden diese Namen wahrscheinlich noch ewig herumgeistern. Darum hier eine kleine Übersicht:
Die Form, die sich am häufigsten in Gärtnereien und Baumschulen findet, ist die kompakte Wuchsform der Wein-Rose mit sattgrünen, stumpfen Blättern, die meist einfach unter dem Namen Wein-Rose (Rosa rubiginosa) verkauft wird. Sie lässt sich ohne Beschnitt verwenden, entweder als einzelner Strauch, als Teil einer Wildhecke oder als Begleiterin eines Baums, und wird so zwischen einem und drei Metern hoch. Sie verträgt aber auch regelmässigen Beschnitt und lässt sich gut in Formhecken integrieren. Eine ähnliche, aber seltenere Form mit etwas bläulicheren, spitzeren Blättern und ohne Drüsen am Blütenstiel ist vor allem in den Alpen und Voralpen verbreitet. Sie wird unter den Namen Duft-Rose (Rosa elliptica) oder Duftarme Rose (R. inodora) gehandelt und duftet unabhängig von ihrem Namen genau wie jede andere Wein-Rose.
Andere Wein-Rosen wachsen als hohe, lockerwüchsige Sträucher mit überhängenden Zweigen, fügen sich gut in Wildhecken ein und neigen gelegentlich zum Klettern, wenn sie direkt neben Bäumen stehen. Formen mit Stieldrüsen und stumpfen Blättern werden als Kleinblütige Rose (Rosa micrantha) oder Gremlis Rose (R. gremlii) bezeichnet, Formen ohne Stieldrüsen und mit spitzen Blättern als Acker-Rose (R. agrestis).
Es gibt auch lockerwüchsige Filz-Rosen, die mit ihren hübschen, grau bepelzten Blättern jede Wildhecke bereichern, aber im Gegensatz zu den Weinrosen nicht klettern. Sie werden als Filzige Rose (Rosa tomentosa) oder Kratz-Rose (R. pseudoscabriuscula) verkauft. Da sie etwas schattentoleranter sind als Wein-Rosen, eignen sie sich besonders gut für Hecken, die wenig direkte Sonne erhalten.
Unter den kompakten Filz-Rosen gibt es zwei verschiedene Formen: Die eine treibt unterirdische Ausläufer, bildet dichte Bestände und wächst in höheren Lagen selten höher als anderthalb Meter, während sie im Tiefland und an windgeschützten Stellen doppelt so hoch werden kann. Sie wird als Apfel-Rose (Rosa villosa) oder Weiche Rose (R. mollis) gehandelt und eignet sich vor allem für Hecken auf 800–2200 m ü. M. über Meer. Eine zweite, seltenere Wuchsform, die kaum bis gar keine Ausläufer treibt, wird gelegentlich als Sherards Rose (R. sherardii) verkauft.
Alle Wein- und Filz-Rosen mögen draussen in der Natur sonnige Orte mit trockenen bis frischen, durchlässigen Böden. Ihre Wildbestände sind oft recht klein und auf besonders sonnige oder karge Stellen begrenzt, was aber an der Konkurrenz durch andere, wüchsigere Sträucher liegt. Im Garten lassen sie sich deutlich breiter einsetzen und sie tolerieren auch halbschattige Standorte. Nur allzu lehmige oder feuchte Böden vertragen sie schlecht. Lehmige Böden können aufgelockert und mit Kies oder Sand angereichert werden. Auf feuchte Böden pflanzt man besser andere bienenfreundliche Sträucher, zum Beispiel den Faulbaum (Frangula alnus), die Traubenkirsche (Prunus padus) oder strauchige Weiden (Salix). Man könnte die Böden zwar auch trockenlegen, aber das ist ökologisch nicht zu verantworten. Feuchtgebiete sind die Wasserspeicher unserer Landschaft; viel zu viele wurden bereits zerstört.
Seltene Wildrosen fördern
In den Alpen und Voralpen, stellenweise auch im Jura, sind Wein- und Filz-Rosen noch verbreitet und häufig. Im Mittelland sind sie hingegen vielerorts fast vollständig verschwunden. Kuh- und Schafweiden, auf denen Wildrosen aufkommen könnten, sind mit der Intensivierung der Landwirtschaft stark zurückgegangen, genauso wie alte Hecken und lichte Wälder. Wo Hecken und Waldränder noch wachsen dürfen, aber oft zurückgeschnitten werden, setzt sich die Hunds-Rose (Rosa canina) gegen die langsamer wachsenden Wein- und Filz-Rosen durch. Und die neuen Wildhecken, die in den letzten Jahrzehnten von umweltbewussten Bauernbetrieben und Vogelschutzvereinen gepflanzt wurden, enthalten leider auch allzu oft nur die gewöhnliche Hundsrose. Umso wichtiger also, dass die Wein- und Filz-Rosen einen festen Platz in unseren Herzen und Gärten erhalten.
Begleitpflanzen für Wildrosen
Eine gut angelegte Wildhecke blüht von März bis Juni – in höheren Lagen natürlich später – und bietet damit reichlich Nektar und Pollen für frühe Wildbienen. Hier sind einige bienenfreundliche Sträucher, die sich gut mit Wildrosen kombinieren lassen, aufgelistet. Die mit einem Stern «*» markierten Arten eignen sich auch für geschnittene Formhecken:
- Schwarzdorn* (Prunus spinosa), Salweide (Salix caprea) und Kornelkirsche* (Cornus mas) blühen am Anfang der Saison im März/April.
- Weissdorne* (Crataegus laevigata, C. monogyna), Stachelbeere (Ribes uva-crispa) und Vogelkirsche (Prunus avium) blühen gleich anschliessend im April.
- Strauchwicke (Hippocrepis emerus), Traubenkirsche (Prunus padus) und Johannisbeeren* (Ribes alpinum, R. petraeum, R. rubrum, R. nigrum) folgen im April/Mai.
- Gemeine Berberitze* (Berberis vulgaris), Himbeere (Rubus idaeus), Brombeere (Rubus fruticosus aggr.) und Eberesche (Sorbus aucuparia) leiten von Mai bis Anfang Juni in die Rosenblüte über.
Da Wildrosen ein langsames Wurzelwachstum haben und viel Licht durch ihr Blätterdach fällt, lohnt es sich, rund um sie herum Stauden anzusäen oder anzupflanzen, die als gute Nachbarn wirken. Folgende Arten eignen sich besonders:
- Stickstoff fixierende Schmetterlingsblütler wie Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus) oder niedrige Wicken (Vicia sepium, V. cracca), an sehr mageren Stellen auch Schopfiger Hufeisenklee (Hippocrepis comosa).
- Lauch-Arten, die Bakterien und Schimmelpilze fernhalten; für Bienen besonders geeignet sind Kugelköpfiger Lauch (Allium sphaerocephalon), Berg-Lauch (A. lusitanicum) und Kugeliger Lauch (A. rotundum).
- Ringelblumen (Calendula) und Echte Kamille (Matricaria chamomilla), die Fadenwürmer hemmen.
- Frühblüher wie Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia), Gemeine Traubenhyazinthe (Muscari racemosum) oder Hohlknolliger Lerchensporn (Corydalis cava).
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