Tragen Wildbienenhotels tatsächlich zur Arterhaltung bei oder sind sie bloss ein Mittel zur Gewissensberuhigung? In einer Studie untersuchen Wissenschafter/-innen aus Österreich kritisch die Wirksamkeit dieser Nisthilfen für den Schutz von Wildbienenarten.1 Dabei ist ein Leitfaden mit praktischen Empfehlungen zur Gestaltung und Nutzung von Nisthilfen für Wildbienen entstanden.
Zahlreiche Studien belegen den globalen Rückgang von Insekten, Bestäubern und Bienen. Die Gründe dafür sind breit gefächert, mit dem Verlust von Lebensraum durch die Intensivierung der Landwirtschaft und zunehmender Urbanisierung, der Anwendung von Pestiziden und Düngemitteln sowie Auswirkungen des Klimawandels an der Spitze. Bienen – als zentrale Bestäuber – geniessen grosse Sympathie innerhalb der Gesellschaft. Daher sind die Bemühungen, sie zu schützen, besonders gross und flächendeckend akzeptiert. «Wildbienenhotels», also Nisthilfen, sind mittlerweile in jedem Baumarkt zu finden und vermitteln der Bevölkerung den Eindruck, eine Schlüsselmassnahme für den Artenschutz zu sein. Der Bau von Nisthilfen wurde zum beliebten Projekt in Schulen und eine grosse Nisthilfe am Gelände von Unternehmen fördert den Ruf.
Doch halten kommerziell erhältliche Nisthilfen, was sie versprechen? Kritiker/-innen bemängeln die hohen Preise und irreführende Versprechen einiger Produkte. Während einige Studien positive Effekte von Nisthilfen feststellen, weisen andere auf Probleme durch die Bauweise und des Standorts hin, die auch invasive Arten fördern können. Zudem wird ein Mangel an deutschsprachigen wissenschaftlichen Informationsquellen zu Nisthilfen beanstandet, die entscheidungstragenden Organisationen als Informationsgrundlage dienen könnten. Der hier vorgestellte Artikel soll diese Lücke schliessen und einen Überblick darüber geben, was für gute Wildbienennisthilfen wichtig ist.
Was brauchen Wildbienen?
Wildbienen nutzen natürliche Hohlräume für die Eiablage, wobei die Nistplätze entweder bereits existieren oder von den Bienen angepasst oder gegraben werden. Oberirdisch nistende Wildbienenarten, etwa 30 % aller Arten, sind auf unterschiedliche Niststrukturen angewiesen, einschliesslich Käferfrassgänge im Hartholz, morsches Holz, Fels- und Steinstrukturen, verlassene Pflanzengallen sowie markhaltige Pflanzenstängel. Einige Arten nutzen leere Schneckenhäuser zur Eiablage und manche Bienenarten bauen Nester aus mineralischen Materialien. In diese Nester legen die Bienen ihre Eier in durch Wände separierten Brutzellen ab, wobei Baumaterialien wie Erde, Harz, Pflanzenmörtel oder Holz in der Nähe des Nestes verfügbar sein müssen. Die Brutzellen werden oft mit Blüten- oder Laubblättern, Pflanzenhaaren oder Harz ausgekleidet, um die Brut vor Feuchtigkeit und Verpilzung zu schützen. Hummeln bevorzugen geschützte, bereits vorhandene Hohlräume wie unterirdische Kleinsäugernester, Spalten in Felsen oder Gebäuden und Baumhöhlen, wobei sie in der Regel keine neuen Materialien in ihre Nester eintragen. Warum sich die Natur also nicht zu Nutzen machen und genau solche Strukturen auch für Nisthilfen vorsehen?
Die meisten Nisthilfen locken hauptsächlich andere Tiere an
Viele handelsübliche Nisthilfen bestehen aus unpassenden Materialien wie Zapfen, Bambusröhrchen, Holzstücken mit verschieden grossen Löchern, Ziegelsteinen und Holzwolle, und bieten selten weitere gut geeignete Strukturen wie Totholz oder Steilwandbereiche. Obwohl primär für Wildbienen gedacht, werden Nisthilfen auch von einer Vielfalt anderer Insekten wie verschiedenen Wespenarten, Fliegen, Ameisen, Käfern, Silberfischchen, Ohrwürmern, Florfliegen und Spinnen genutzt.
Wildbienen in Nisthilfen und ihre Relevanz für den Artenschutz
In der Untersuchung wurden in öffentlichen Datenbanken (GBIF, inaturalist.org), eigenen Sammlungen und Internetfundmeldungen insgesamt 50 Arten aus dem deutschsprachigen Raum nachgewiesen, die Nisthilfen nutzen, wobei besonders in Bambus und Schilf sowie in gebohrtem Hartholz und Löss- und Lehmwänden genistet wird. Arten wie die Gehörnte (Osmia cornuta) und Rote Mauerbiene (Osmia bicornis), die ökonomisch wichtige Bestäuber sind, nutzen häufig Nisthilfen. Von den Nisthilfen nützenden Arten gelten 34 % laut Roten Listen als bedroht. Insgesamt schätzen wir, dass 276 Wildbienenarten im deutschsprachigen Raum an Nisthilfen gefunden werden können, darunter ein hoher Anteil von Arten, die in Steilwänden und morschem Holz nisten – Strukturen, die in kommerziellen Nisthilfen selten angeboten werden. Das macht deutlich, dass Nisthilfen spezifischere Strukturen erfordern, um effektiv zum Artenschutz beizutragen.
Kommerzielle Nisthilfen und ihre Probleme
Die Studie von Prell et al. (2015)2 zeigt, dass von 40 analysierten Nisthilfen in Berlin und Brandenburg nur drei gute Brutbedingungen boten, wobei Materialauswahl, Platzierung und Montage oft den Besiedlungserfolg negativ beeinflussen. Zudem sind einige weitere Strukturen, die als Teile von Insektenhotels angeboten werden, wie Schmetterlingshäuser oder Florfliegenkästen, in ihrer ökologischen Relevanz zweifelhaft. Problematisch sind auch Acrylglasröhrchen, die trotz ihrer Popularität für Beobachtungszwecke, aufgrund ihrer Wasserdampf-Undurchlässigkeit, die Brut gefährden können. Hinzu kommt die Besiedlung durch invasive Arten wie die Asiatische Mörtelbiene (Megachile sculpturalis), die sich seit ihrer versehentlichen Einführung in Europa ausbreitet und grössere Lochdurchmesser bevorzugt. Das kann die Verdrängung heimischer Arten fördern.
Empfehlungen zur richtigen Gestaltung von Nisthilfen
Gute Anleitungen zum Bau von Nisthilfen betonen die korrekte Konstruktion und Ausrichtung, um ideale Brutbedingungen zu schaffen. Einige sind reich bebildert.3–7 Eine effektive Nisthilfe sollte etwa 40 bis 50 cm tief sein und von einem Rahmen sowie einer Rückwand umgeben sein, die vor Witterung schützt und das Material auf Abstand zum Boden hält. Ein transparentes oder Metalldach kann zusätzlich Wärme liefern, was für die Entwicklung der Bienen wichtig ist. Die Nisthilfe sollte nach Süden ausgerichtet sein, um ausreichend Wärme zu erhalten und Schimmelbildung zu verhindern. Zudem ist die Nähe zu Nahrungsquellen entscheidend, da viele Bienenarten nur einen geringen Flugradius haben.
Bezüglich der Materialien in Nisthilfen sind Bambusrohre wegen ihrer Robustheit und Durchmesservariation beliebt, was die Artenvielfalt fördert. Die Stängel und Rohre sollten so positioniert werden, dass die Knoten entweder an der Rückwand liegen oder bei tieferen Nisthilfen zentral, um ein Herausrutschen zu vermeiden. Auch die Verwendung von trockenen, markhaltigen Pflanzenstängeln sowie quer zur Maserung angebohrtem Hartholz mit unterschiedlichen Lochdurchmessern (2–6 mm) wird empfohlen. Für grabende Arten sollte zusätzlich morsches Totholz bereitgestellt werden. Löss oder ein Sand-Lehmgemisch kann sowohl vertikal als auch horizontal integriert werden, um auch bodennistenden Arten geeignete Nistmöglichkeiten zu bieten.
Weitere Zwecke von Nisthilfen
Der pädagogische Nutzen von Nisthilfen spielt eine wichtige Rolle in der Umweltbildung. Durch das Bauen von Nisthilfen in Schulen und Kindergärten, oft unterstützt von Naturschutzorganisationen und lokalen Vereinen, kommen Kinder direkt mit der Natur und verschiedenen Bienenarten in Kontakt. Dies fördert ihr Verständnis für Artenvielfalt und Umweltschutz. Es ist jedoch entscheidend, dass diese Projekte unter fachkundiger Anleitung durchgeführt werden und auf geeignete Materialien zurückgreifen, um nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praktische Naturschutzerfahrungen zu vermitteln. Der Einsatz von Nisthilfen bewährt sich auch im Bienenmonitoring und zur Steigerung der Bestäubungsleistung, insbesondere im Obstbau.
Andere Arten, Nistplätze anzubieten
Um die Vielfalt der heimischen Wildbienen effektiv zu fördern, ist es entscheidend, eine grosse Vielfalt natürlicher Strukturen wie Hecken, trockene und feuchte Bodenbereiche sowie stehendes oder liegendes Totholz zu bewahren oder neu anzulegen. Etwa drei Viertel aller Wildbienenarten nisten unterirdisch in offenen, sonnigen und vegetationsfreien Erdbereichen, wobei die Bodenbeschaffenheit und -textur, Hangneigung sowie Vegetationsbedeckung entscheidend für die Wahl des Nistplatzes sind. Spezielle Niststrukturen wie Abbruchkanten oder Hohlwege sind für einige Arten essenziell. Das Anlegen von künstlichen Nisthügeln hat sich als effektiv erwiesen, um die Artenvielfalt und -dichte zu erhöhen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, unversiegelte Bodenflächen in städtischen und ländlichen Gebieten zu integrieren und zu pflegen. So verbessern wir die Lebensbedingungen für bodennistende Bienenarten und beeinflussen ihre Populationsgrössen positiv.
Ein Fazit
Nisthilfen können das Bewusstsein für Wildbienen schärfen und das Monitoring von Wildbienen erleichtern. Direkte Artenschutzmassnahmen sind jedoch begrenzt, besonders wenn sie nicht fachgerecht umgesetzt werden. Nisthilfen unterstützen bestimmte Bienenarten, aber kommerziell erhältliche Nisthilfen entsprechen meistens nicht den Kriterien vieler bedrohter Bienenarten. Wir empfehlen, Nisthilfen effektiver zu gestalten, indem man Materialien verwendet, die tatsächlich von den Bienen genutzt werden, auch für die oft übersehenen Bodenbrüter.
Literatur
- Grobbauer, K.; Gratzer, K.; Neumayer, J.; Kunz, G. (2024) Nisthilfen für Wildbienen – Artenschutz oder Gewissensberuhigung? Entomologica Austriaca 31: 157–180. (https://www.zobodat.at/pdf/ENTAU_0031_0157-0180.pdf).
- Prell, S.; Burmeister, K.; Schulz, U. (2015) Fehleranalysen und Optimierungsmöglichkeiten an Nisthilfen für Wildbienen – Erkenntnisse aus Literaturrecherchen und empirischen Untersuchungen. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Angewandte Entomologie 20: 179–182.
- Westrich, P. (2013) Wildbienen. Die anderen Bienen. Dr. Friedrich Pfeil, Munich, 168 pp.
- von Orlow, M. (2020) Mein Insektenhotel. Wildbienen, Hummeln & Co. im Garten. Aktiv gegen Insektensterben. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 192 pp.
- Hofmann, H. (2021) Richtig gute Insektenhotels. Nisthilfen für Wildbienen nach dem Baukastenprinzip. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 128 pp.
- Millet, D. (2013) Nistmaterial-Vorlieben bei den Wildbienen. Schweizerische Bienen-Zeitung 4: 30–31.
- Zurbuchen, A. (2020) Wildbienenhotels – darauf kommt es an! Schweizerische Bienen-Zeitung 6: 26–28.