Blühflächen für gesunde Bienen

04/23 | BienenSchweiz
Flurina Müller, Projektleiterin Blühflächenförderung, (flurina.mueller@bienenschweiz.ch) und Sarah Grossenbacher, Redaktion Schweizerische Bienen-Zeitung, (sarah.grossenbacher@bienenschweiz.ch)

Die Schaffung vielfältiger Blühflächen fördert die Vitalität von Wild- und Honigbienen. Umso erfreulicher, dass unsere Blühflächenoffensive auf reges Interesse bei Landbesitzerinnen und -besitzern stösst. Auch im eigenen Garten kann jetzt mit einer Ruderalfläche ein blühender Lebensraum für Insekten geschaffen werden.

Im Laufe des Aprils, und erst recht im Wonnemonat Mai, beginnt in vielen Regionen das grosse Aufblühen: Die Obstbäume strahlen mit dem Löwenzahn um die Wette, der gelbe Raps lässt die Felder aufleuchten und in städtischen Baumalleen erscheinen die prächtigen Blüten der Rosskastanie.

Gesundheit durch Vielfalt

Im Bienenvolk stehen die Zeichen auf Entwicklung. Dabei nimmt eine grosse Blütenvielfalt eine wichtige Rolle ein. Nach dem Schlupf brauchen Jungbienen reichlich Eiweiss, das sie in Form von Pollen zu sich nehmen. Dies ist für die Entwicklung der Futtersaftdrüsen essenziell. Auch während ihrer Zeit als Ammenbienen nehmen sie Pollen auf und versorgen die Larven mit einem hochwertigen Futtersaft, bestehend aus Vitaminen, Eiweissen, Fetten und Mineralstoffen. So entwickelt sich der Nachwuchs – die Zukunft des Volkes – zu vitalen Jungbienen und sichert den Fortbestand des Biens.

Vielfältige Pollennahrung beeinflusst die Gesundheit der Bienen positiv: So konnten zum Beispiel Cédric Alaux und sein Team zeigen, dass das Immunsystem von Bienen, die nur eintönige Pollennahrung aufnahmen, eine geringere Immunaktivität aufwies als das Immunsystem der Bienen, die Pollen von verschiedenen Pflanzen einnahmen.1 Ähnliche Resultate wurden auch bei Forschungen mit Hummeln bestätigt.2 Nicht zuletzt wird Pollen auch für die Bildung des Fettkörpers benötigt, der sowohl bei Sommer- als auch Winterbienen zahlreiche Funktionen einnimmt. Dazu gehören unter anderem der Abbau von Giftstoffen, die Protein- und Fett-Synthese, die Produktion von antimikrobiellen Peptiden, die Wärmeregulation sowie die Speicherung von Energie und Nährstoffen.

Bienenvölker entwickeln sich also optimal, wenn Pollen, aber auch Nektar, während der ganzen Saison zur Verfügung stehen. Der Energiebedarf wird durch die Kohlenhydrate des Nektars und Honigtaus gedeckt – rund 120 bis 160 Kilogramm Nektar benötig ein mittelstarkes Volk pro Jahr.3

Blühende Flächen – auch im Sommer

In vielen Regionen ist das Blütenangebot in den Sommermonaten jedoch mager. Grüngrau statt bunt ist angesagt, was den Honig-, aber auch Wildbienen stark zu schaffen macht. BienenSchweiz hat deshalb eine Blühflächenoffensive gestartet. Dies mit dem Ziel, Personen, die auf ihrem Land Blühflächen schaffen, und solche, die Blühflächen finanziell unterstützen wollen, zu vernetzen. Wir haben in der Schweizerischen Bienen-Zeitung (SBZ 07/22 und SBZ 01/23) bereits darüber berichtet.

Das Projekt stösst auf grosses Interesse, besonders auch bei Flächenbesitzer/-innen. So konnten wir unser gestecktes Flächenziel für dieses Jahr schon mehr als um das Doppelte übertreffen. Für das Jahr 2023 wurden bereits gut 250 000 m2 Blühflächen angemeldet, welche nur noch darauf warten, fachgerecht für Bienen zum Blühen gebracht zu werden. Diese Flächen entsprechen ungefähr der Grösse von 35 Fussballfeldern (Stand 1. März 2023).

Die Qualität der Blühflächen wird neben dem Engagement der Bewirtschafter/-innen auch durch Fachberatungen von BienenSchweiz sichergestellt. Um das Aufblühen der zur Verfügung gestellten Flächen zu ermöglichen und Spenden zu generieren, sind wir vielseitig aktiv und freuen uns, dass wir zur Bekanntmachung des Projekts auf den Rückhalt und das grosse Engagement aus der Imkerschaft zählen dürfen. Zusätzlich haben wir Ende Februar eine Kampagne in den Sozialen Medien gestartet. Auf einfache und verständliche Weise sollen so die Zielgruppen zum Spenden animiert werden. Drei Themen wurden dabei ausgewählt: Die Vision einer blühenden Schweiz, das Schenken von Blühflächen sowie der Fachkräftemangel. Anhand des Beispiels unten sehen Sie, wie dies im Fall des Fachkräftemangels umgesetzt wurde. Die Kampagne verlinkt jeweils auf eine erklärende, auf die Botschaften angepasste Einstiegsseite auf unserer Webplattform www.bienen.ch/bluehflaechen und auf ein Spendenformular.

der Natterkopf (Echium vulgare) und die Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria). Die offenen Bodenstellen werden von Wildbienen als Nistgelegenheit genutzt.
Fotos: Manfred Steffen

Blühende Oase auf steinigem Boden

In der Januarausgabe der Schweizerischen Bienen-Zeitung (SBZ 01/23, S. 33–35) haben wir Ihnen einige Tipps gegeben, was es beim Anlegen einer Blühfläche zu beachten gibt. Nun möchten wir Ihnen eine eher unbekanntere, spezielle Blühfläche, die Ruderalfläche, etwas näher vorstellen. Auf den ersten Blick erscheint sie karg und steinig. Doch bei genauem Hinschauen entpuppt sie sich als ein blütenreicher, sehr ästhetischer und vielseitiger Lebensraum für verschiedene Tiere. Im Sommer blühen dort beispielsweise stolze Königskerzen (Verbascum), die für Wildbienen nicht nur eine Futterquelle sind, sondern ihnen auch eine Nistgelegenheit bieten. Verschiedene Malven (Malva), die Wilde Möhre (Daucus carota), die Wegwarte (Cichorium intybus), der Natterkopf (Echium vulgare) oder der Echte Honigklee (Melilotus officinalis) und Klatschmohn (Papaver rhoeas) bieten Wild- und Honigbienen, aber auch anderen Insekten, ein vielfältiges Nahrungsbuffet. Bodennistende Wildbienen nutzen die offenen, sandigen Flächen zwischen den Blütenpflanzen. Auch der Distelfink (Carduelis carduelis) fühlt sich hier sichtlich wohl und ernährt sich von den Samen der Wilden Karde (Dipsacus fullonum) oder Disteln.

Im Siedlungsraum lassen sich Ruderalflächen gut integrieren. Hier blühen der Geissklee (Cytisus), die Wegwarte (Cichorium intybus), der Natterkopf (Echium vulgare) und die Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria). Die offenen Bodenstellen werden von Wildbienen als Nistgelegenheit genutzt (Foto: Manfred Steffen, www.lebendigesrottal.ch).
Auch Wiesenblumen, wie die Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia), fühlen sich auf trockenen Ruderalflächen wohl (Foto: Manfred Steffen, www.lebendigesrottal.ch).

Der Standort einer Ruderalfläche sollte sonnig und der Boden möglichst nährstoffarm sein. Dazu lohnt es sich, die oberste Humusschicht abzutragen und mit einer 30 cm dicken Schicht Wandkies aufzufüllen. Dieser kann in Steingruben bezogen werden. Gewaschener Sand aus dem Baumarkt ist dafür ungeeignet. Für die Aussaat eignen sich einheimische, trockenliebende Pflanzen aus der Region. Diese können Sie zum Beispiel über das Webportal von floretia.ch ausfindig machen, indem Sie dort Ihre Postleitzahl sowie die Verwendung «Magerbeet, Ruderalfläche» wählen. Einzelne Wildstauden zum direkten Einpflanzen oder geeignete Saatgutmischungen finden Sie beispielsweise in einer lokalen Wildpflanzengärtnerei. Auch UFA-Samen bieten vielfältige Mischungen für Ruderalstandorte an unter: www.ufasamen.ch > Wildblumen > Gartenbau > Pioniermischungen.

Der weitere Pflegeaufwand einer solchen Fläche ist gering. In der Natur werden Ruderalflächen zuerst von sonnenliebenden, kurzlebigen Pionierpflanzen besiedelt und dann über die Jahre mit zunehmender Humusschicht, von langlebigeren Pflanzen abgelöst. Möchten Sie den artenreichen Anfangszustand aber erhalten, ist es wichtig, dass sie einzelne, starkwüchsige Pflanzen ausjäten und immer wieder offenen Boden und Dynamik schaffen. Markhaltige Stängel von Königskerzen oder der Wilden Karde sollten nach Möglichkeit aber stehengelassen werden, da Sie wertvolle Nistgelegenheiten für Wildbienen bieten. Wenn die Ruderalfläche für ein paar Jahre sich selbst überlassen wird und es durch fehlende gelegentliche Pflege keine Störungen gibt, verändert sich die Vegetation stark und die typischen Ruderalpflanzenarten verschwinden langsam. Sie sind nämlich pionierhafte Besiedler karger Standorte. Die Bewirtschaftung kann auch umgestellt und die alte Ruderalfläche zum Beispiel in eine magerwiesen- oder saumartige Struktur umgewandelt und entsprechend gepflegt werden. Ob in jungem oder älterem Stadium gilt wie immer: Entfernen Sie Neophyten wie das Einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) und entsorgen Sie diese fachgerecht.

Literatur:

  1. Alaux, C.; Ducloz, F.; Crauser, D.; Le Conte. Y. (2010) Diet effects on honeybee immunocompetence. Biology Letters 6(4): 562–5 (doi: 10.1098/rsbl.2009.0986).
  2. Tasei, J. N.; Aupinel, P. (2008) Nutritive value of 15 single pollens and pollen mixes tested on larvae produced by bumblebee workers (Bombus terrestri, Hymenoptera: Apidae). Apidologie 39: 97–409.
  3. Dieteman, V.; Duvoisin, N.; Lehnherr, B. (2020). Das Leben und die Lebewesen in einem Bienenvolk. In: Das Schweizerische Bienenbuch, S. 41–70, BienenSchweiz.

Jetzt aktiv werden und vom Blühflächenprojekt erzählen!

Für einen nachhaltigen Erfolg des Blühflächenprojektes sind wir auf Spendengelder angewiesen. Mit der Werbekampagne in den Sozialen Medien möchten wir ein möglichst breites Publikum ansprechen.

Doch auch Sie können uns unterstützen. Ihrer Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Hier ein paar konkrete Ideen:

  • Projekt an Ihren öffentlichen Anlässen vorstellen.
  • Blühflächenpatenschaft als attraktives und nachhaltiges Kunden- oder Mitarbeitergeschenk beliebt machen.
  • Blühflächenkollekte aufstellen.
  • Flyer aus unserem Shop bestellen und an Ihre Honigkunden verteilen.
  • Eine Aktion mit Ihrem Verein am Weltbienentag am 20. Mai, um auf die Anliegen der Bienen aufmerksam zu machen und gleichzeitig das Blühflächenprojekt als nachhaltigen Lösungsansatz zu bewerben.

Wir freuen uns auch über Ihre Unterstützung in den Sozialen Medien (@bienenschweiz, #bienenschweiz, #bluehflaechen)

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