Die Liebefelder Schätzmethode: das Gefühl mit Verstand untermauern

12/24 | Wissenschaft und Praxis
Gerd Schur, Uesslingen-Buch (schur_horben@bluewin.ch)

Luzio Gerig entwickelte die Liebefelder Schätzmethode, die bis heute für die Bienenforschung von grosser Bedeutung ist. Auch in der Erforschung der Drohnensammelplätze war er führend.

Der Bienenforscher Luzio Gerig, ehemaliger Forscher am Zentrum für Bienenforschung (ZBF) und Autor früherer Ausgaben des «Bienenvaters» (heute «Das Schweizerische Bienenbuch»), hat mir für diesen Beitrag seine Berichte und Unterlagen dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.

Die Populationsdynamik mit Schadschwellen wird erforscht

Wie kam es denn zu dieser Idee der «Schätzmethode»? Luzio Gerig war Entomologe, also ein Insektenkundler. Zu seinen Anfängen als Forscher hatte er beruflich noch nicht direkt mit Bienen zu tun, war jedoch bereits vom Bienenvirus infiziert (unter anderem durch Aufenthalte beim Nobelpreisträger Prof. Dr. h. c. Karl von Frisch in München). In seiner Arbeit ging es erst um den Lärchenwickler (Zeiraphera griseana). Dieser «echte Schädling» war gefährlich für die wunderbaren Engadiner Lärchenwälder: Wenn der Lärchenwickler überhand­nimmt, kann er einen Bestand gefährden. Damals in den 60er-Jahren begann man, sich Gedanken über Schadschwellen zu machen, um entscheiden zu können, wann Gegenmassnahmen erforderlich werden. Eine «Schadschwelle» ist eine in diesem Zusammenhang definierte Anzahl von Schädlingen. Heutzutage ist das Schadschwellenprinzip ein üblicher Standard in der Landwirtschaft und wird zum Beispiel im Obstbau, beim Rapsglanzkäfer (Brassicogethes aeneus), beim Blattlausbefall (Aphidoidea) und in der Bienenhaltung bei der Varroabelastung angewandt. Als Luzio Gerig seine Forscherkarriere begann, war das aber noch Neuland und zum Beispiel in der Landwirtschaft am Bodensee das Arbeits­gebiet einer «überbetrieblichen Spezial­bera­tung». Man hatte sich Gedanken über die Entwicklungsdynamik ganzer Populationen ge­macht: Viele dieser sogenannten «Schädlinge» sind bei wenigen Exemplaren vernachlässigbar und oft sind «Nützlinge», die sie in Schach halten, vorhanden. Leider kommen diese «Nützlinge» manchmal zu spät oder die Schadorganismen entwickeln sich zu rasch. Sie nehmen überhand und die «Nützlinge» kommen nicht mehr hinterher. Man sieht, dass es, um genauer etwas aussagen zu können, eine Beobachtung der Entwicklungsdynamik der Populationen braucht. Dazu muss

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