Herbstlaub und leuchtende Früchte lösen die Farben der Blüten im Übergang zur Winterzeit ab. Optisch wirken sie oft ebenso reizvoll wie das Blütenmeer vergangener Jahreszeiten. Aber welche Herbstschönheiten sind auch gute Trachtpflanzen für Wild- und Honigbienen? Und wie beeinflusst unser Umgang mit dem Herbstlaub selbst die Bienenwelt?
Herbst erfüllt mich immer mit etwas Wehmut – er kündigt die dunklen Wintermonate an, in denen kaum etwas blüht, schwirrt oder summt. Aber gleichzeitig liebe ich die Farben des Herbsts, vom goldenen Licht über die Beeren und Früchte in allen Farben bis hin zum prächtigen Herbstlaub. Ich bin mir sicher, dass es vielen von Ihnen genauso geht wie mir. Umso schöner, dass es für den Wildbienengarten eine ganze Reihe an Pflanzen gibt, die nach einer grossen Menge Nektar und/oder Pollen auch noch eine malerische Herbstfärbung produzieren.
Das Herbstlaub der Ahorne (Acer) ist so berühmt, dass es sogar die kanadische Flagge ziert. Weniger bekannt ist, dass Ahorne mit ihren unauffälligen, aber nektarreichen Blüten auch zahlreiche Bienenarten anziehen. Während sich die Honigbienen mehrheitlich am Nektar bedienen, sammeln viele Wildbienen auch Pollen. Besonders wichtig sind Ahorne für frühe Arten aus den Gattungen der Sand- (Andrena), Schmal- (Lasioglossum) und Mauerbienen (Osmia). Der Feld-Ahorn (Acer campestre) fällt mit seinen kleinen, blassgelben Herbstblättern optisch etwas ab, aber die anderen drei heimischen Ahornarten erstrahlen in den verschiedensten Gelb-, Orange- und Rottönen. Der Schneeballblättrige Ahorn (A. opalus) gedeiht vor allem an warmen, trockenen Orten. Der Spitz-Ahorn (A. platanoides) wächst am besten an frischen bis leicht feuchten Stellen. Ebenso der Berg-Ahorn (A. pseudoplatanus), der sich sogar in den höheren Lagen der Alpen noch wohlfühlt.
Die Gattung der Heidelbeeren (Vaccinium) erreicht zwar nicht annähernd die Grösse der Ahorne, steht ihnen aber bei den Herbstfarben in nichts nach. Besonders die heimische, niedrig wachsende Heidelbeere (V. myrtillus) verwandelt die Böden von Bergwäldern und Heiden genauso zuverlässig in herbstlich-rote Teppiche wie saure Beete im Garten. An der ganzen Gattung der Heidelbeeren lassen sich zahlreiche unspezialisierte Wildbienen wie Hummeln (Bombus), Sand- und Mauerbienen beobachten, besonders in höheren Lagen auch die spezialisierte Heidelbeer-Sandbiene (Andrena lapponica). Beim Anlegen eines Heidelbeerbeets sollte unbedingt torffreie saure Erde verwendet werden, da der Torfabbau einer der grössten Klimakiller ist. Solche Erde kann man sich gut aus Sand, Rindermist und Buchenlaub selbst mischen, und glücklicherweise ist sie auch immer öfter in Gärtnereien und Baumärkten erhältlich.
Auch Eichen (Quercus), die im Herbst golden leuchten, werden früher im Jahr sehr gerne von Wildbienen besucht, obwohl sie windbestäubt sind. Die Wildbienen kümmert dies nicht. Vor allem die Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularius) und eine ganze Reihe Sandbienen stehlen munter Eichenpollen, ohne dabei zur Bestäubung beizutragen.
Drei wärmeliebende Pflanzenarten runden den Reigen der besten Wildbienenweiden unter den Herbstlaubträgern ab: Die in der ganzen Schweiz heimische Gemeine Berberitze (Berberis vulgaris) ist vor allem bei Hummeln beliebt und trägt gelb-oranges Herbstlaub. Die Kornelkirsche (Cornus mas), die als eine der ersten Kulturpflanzen wohl schon Ende der Jungsteinzeit zu uns fand, ist eine wichtige Pollenquelle für frühe Wildbienen und leuchtet im Herbst meist rot. Und die Manna-Esche (Fraxinus ornus), die nur in der Südschweiz heimisch ist, aber immer öfter auch nördlich der Alpen gepflanzt wird, lockt Honigbienen und Hummeln an. Sie besticht mit einem Hellgelb, das im Verlauf des Spätherbsts ins Weinrote übergeht. Auch einige weitere Gewächse mit schönen Herbstfarben haben einen gewissen Wert für Wild- und Honigbienen (siehe Kastentext).
Was tun mit dem Falllaub?
Üblicherweise gefällt Herbstlaub im Garten nur, bis es am Boden angekommen ist. Danach ist es den meisten von uns nur noch lästig. Laubrechen ist ein Volkssport, und dies längst nicht nur in streng symmetrischen Designergärten. Aus Wildbienensicht hat dies einerseits einen Vorteil: Wenn sich das nährstoffreiche Laub zersetzt, düngt es den Boden und zerstört damit die mageren, lückig bewachsenen Bodenstellen, an denen die meisten Wildbienenarten nisten. Auch die Pflanzenvielfalt geht zurück, wenn zu viele Nährstoffe in den Boden gelangen. An Stellen, die mager sind oder die es noch werden sollen, ist das herbstliche Laubrechen deshalb für Freundinnen und Freunde der Wildbienen Pflichtprogramm.
Unter Bäumen und Hecken oder in nährstoffreichen Staudenbeeten hingegen stören die zusätzlichen Nährstoffe nicht; hier lässt sich das Laub gut zu einer dickeren Schicht anhäufen oder in Kombination mit Totholz zu einem Unterschlupf und Winterquartier für Igel und andere Kleinsäuger verbauen. Eine gute Bauanleitung dafür findet sich auf der Website von Wieselnetz Schweiz (www.wieselnetz.ch).
Von Laubhaufen und Igelburgen, die lange ungestört bleiben, profitieren zahlreiche Bestäuber. Einige Hummelarten bauen ihre Nester gern ins Falllaub und profitieren dort von der Wärme, die aus der Verrottung entsteht. Schneckenhaus-Mauerbienen (Osmia bicolor, O. aurulenta) füllen verlassene Schneckenhäuschen mit ihrer Brut und verstecken sie anschliessend gerne in der Laubschicht. Kunstvoll tarnen die beiden Schneckenhaus-Mauerbienen ihre Brutplätze mit zerkauten Blättern, Pflanzennadeln und kleinen Zweigen. Ausserdem wachsen im Laub auch noch zusätzliche Brutplätze für sie heran. Denn unsere einheimischen Häuschenschnecken ernähren sich – mit Ausnahme der Weinbergschnecke – hauptsächlich von totem Pflanzenmaterial. Dass sie in den letzten Jahren seltener geworden sind in unseren Gärten, hängt nicht zuletzt mit dem zu konsequenten Laubrechen zusammen.
Auch viele Schmetterlinge nutzen die Laubschicht als Rückzugsort, unter anderem das Tagpfauenauge (Aglais io), der Kleine Fuchs (A. urticae), der hervorragend getarnte C-Falter (Polygonia c-album) und der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni), die alle als erwachsene Tiere im Laub überwintern. Oder der Rotklee-Bläuling (Cyaniris semiargus), der sich für sein Puppenstadium im Frühling und Herbst oft ins Laub zurückzieht. Und die Larven des Goldglänzenden Rosenkäfers (Cetonia aurata) leben gerne in und von verrottendem Laub. Alle genannten Arten lassen sich mit Falllaub und einem reichen Blütenangebot gut in Gärten fördern.
Mein Ratschlag für Falllaub im Wildbienengarten ist deshalb weder rigoroses Beseitigen noch komplettes Belassen. Laub am richtigen Ort wirkt Wunder für die Biodiversität, Laub am falschen Ort kann ihr aber auch schaden.
Frühlingshaftes Blütenmeer, herbstliche Farbenpracht
Folgende Pflanzen sind besonders wertvoll für Wild- und Honigbienen, haben eine hübsche Herbstfärbung und gedeihen unter normalen Gartenbedingungen im Mittelland. Die mit einem Stern gekennzeichneten Arten bestechen zusätzlich mit bunten Herbstfrüchten:
• Spitz-, Berg- und Schneeballblättriger Ahorn (Acer platanoides, A. pseudoplatanus, A. opalus)
• Trauben-, Stiel- und Flaum-Eiche (Quercus petraea, Q. robur, Q. pubescens)
• Gemeine Berberitze (Berberis vulgaris)*
• Kornelkirsche (Cornus mas)*
• Manna-Esche (Fraxinus ornus).
Folgende Pflanzen sind ebenfalls sehr wertvoll für Wild- und Honigbienen, benötigen aber einen sauren Boden. Ausserhalb von Granit- und Gneisregionen in den Alpen müssen für sie spezielle Beete angelegt werden, die dem Klima zuliebe keinen Torf enthalten sollten:
• Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)
• Gemeine Moosbeere (V. oxycoccos)
• Amerikanische Strauch-Heidelbeeren (V. corymbosum und Verwandtschaft)
Folgende Pflanzen haben ebenfalls eine hübsche Herbstfärbung, aber nur einen niedrigen bis moderaten Wert für Wild- und Honigbienen. Dies, weil sie entweder nur kurz blühen oder weil ihre Blüten nicht sehr viele Bienenarten anlocken:
• Kurz blühende Sträucher wie Einheimische Felsenmispel (Amelanchier ovalis)*, Echte Mispel (Mespilus germanica)*, Vogelbeerbaum (Sorbus aucuparia)*, Hartriegel (Cornus sanguinea)* oder Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus)*
• Obstbäume wie Äpfel (Malus)*, Birnen (Pyrus)*, Prunus-Arten* wie Kirschen, Pflaumen, Mandeln und Aprikosen
• Europäische Weinrebe (Vitis vinifera)*
• Storchschnäbel (Geranium)
• Raibler Haarstrang (Peucedanum austriacum var. rablense)
Rosskastanien (Aesculus hippocastanum und Hybriden) wurden bis vor einigen Jahren ebenfalls wegen ihres Herbstaspekts geschätzt. Dies hat sich aber geändert, da viele von ihnen mittlerweile unter einer Kombination aus Bakterien- und Pilzkrankheiten leiden, die ihre Blätter im Herbst braun statt bunt aussehen lässt. Für Honigbienen sind sie aber weiterhin wertvoll.
Von folgenden Pflanzen, die oft für ihre Herbstfärbung und ihre Lockwirkung auf Bienen angepflanzt werden, rate ich explizit ab:
• Essigbaum (Rhus typhina), Robinie (Robinia pseudoacacia) und Gewöhnliche und Fünffingerige Jungfernreben (Parthenocissus inserta, P. quinquefolia, oft verkauft als «Wilder Wein»). Sie stehen auf der Schwarzen Liste der invasiven Pflanzen der Schweiz.
• Rot- und Sumpf-Eiche (Quercus rubra, Q. palustris) sowie die Dreispitzige Jungfernrebe (Parthenocissus tricuspidata), da sie im nahen Ausland bereits stellenweise invasiv werden.
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