In Deutschland, Österreich und im Südtirol erlebt die Imkerei zurzeit einen starken Preisdruck und eine gesunkene Nachfrage. In der Schweiz läuft es dagegen deutlich besser.
Deutsches Bienen-Journal (sebastian.spiewok@bienenjournal.de) und Sarah Grossenbacher, Redaktion Schweizerische Bienen-Zeitung (sarah.grossenbacher@bienenschweiz.ch)
Während des Imkerkongresses in Luxemburg tauschten sich vier Verbandspräsidenten unter der Moderation der Schweizerischen Bienen-Zeitung (Sarah Grossenbacher) und des Deutschen Bienen-Journals (Sebastian Spiewok) über den Honigabsatz aus.
Torsten Ellmann, Deutschland: Dieses Jahr haben mir sehr viele Imkerinnen und Imker gesagt, dass sie ihren Honig nicht loswerden. Sie überlegen jetzt, ihre Völkerzahlen zu reduzieren. Eine Reduktion der Bienenvölker widerspräche allerdings dem Ziel der EU, mit Fördergeldern die Zahl der Bienenvölker und somit den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen.
Reinhard Hetzenauer, Österreich: Das ist ja das Paradoxon. Auf der einen Seite haben wir einen Selbstversorgungsgrad von etwa 40 Prozent, aber wir werden den wenigen Honig nicht los. International steht so viel Honig zu Spottpreisen von 1,50 Euro das Kilo zur Verfügung, da kommen unsere Imkereien nicht mehr mit. Die Produktionskosten liegen ja viel höher.
Christian Trafoier, Südtirol: Ich verstehe die Wirtschaft, die nach dem günstigsten Preis schaut, aber da fällt mir eine Geschichte ein. Ein Kunde ging zu einem Imker und sagte: «Moment, beim anderen Imker bekomme ich das Kilo Honig für 15 Euro, Sie verkaufen ihn für 18 Euro.» Die spontane Antwort des Imkers war: «Dann kaufen Sie den für 15 Euro, denn der Imker ist ein ehrlicher Imker. Sein Honig ist 15 Euro wert.» Das war eine wunderbare Aussage.
Martin Schwegler, Schweiz: In der Schweiz kennen wir zum Glück keine Absatzprobleme. Bei uns ist heimischer Honig sehr gefragt. Er deckt rund ein Drittel der Inlandsnachfrage ab.
Hetzenauer: In Österreich haben die kleinen Imkereien auch weniger Probleme, da sie meistens ihren festen Kundenstamm haben, der den Honig zu einem höheren Preis abnimmt. Es sind vor allem die erwerbsorientierten Imkereien, die die Lager voll haben, und zwar mit den Ernten von zwei Jahren. Es gibt jetzt welche, die noch schnell Kühlräume bauen, damit der Honig die Qualität behält, aber die Aussichten sind nicht sehr rosig.
Trafoier: In Bezug auf Hobby- und Erwerbsimker stört mich, was manchmal so erzählt wird. Die Erwerbsimker haben nicht den Hobbyimker als Konkurrenten, sondern den Importeur. Man sollte tunlichst vermeiden, die kleinen Imkereien mit einem Importeur zu vergleichen, der Honig aus irgendeinem Land zum Schleuderpreis verkauft.
Hetzenauer: Wir arbeiten mit unseren Kolleginnen und Kollegen vom Erwerbsimkerbund zusammen und stellen gerade Überlegungen an, wie wir gemeinsam helfen können.
Ellmann: Wir müssen die Konsumentinnen und Konsumenten davon überzeugen, dass der regional produzierte Honig mehr ist als nur Honig. Er ist kein einfaches Süssungsmittel. Dahinter stehen auch Bestäubungsleistung, Nachhaltigkeit und Entwicklung der Kulturlandschaft. Was wäre, wenn die Biene nicht mehr da wäre?
Hetzenauer: Ausserdem ist der Honig ja kein Massennahrungsmittel. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Österreich bei etwa einem Kilo im Jahr. Da darf der Preis auch mal etwas höher sein.
Trafoier: Wir geben in Südtirol einen Richtpreis heraus. Der liegt zurzeit bei 18 Euro das Kilo. Das ist eine Empfehlung. Einige verkaufen ihren Honig auch für 25 bis 30 Euro das Kilo, andere für zehn Euro.
Schwegler: Unser Schweizer Verband gibt ebenfalls einen Richtpreis heraus. Wir unterscheiden da aber zwischen unserem Goldsiegel- und anderem Honig. Aktuell bewegen wir uns bei 15 Franken für das halbe Kilo für den Honig ohne Goldsiegel. Den Preis haben wir erst kürzlich erhöht. Unsere Intention ist es, den Preis eher nach oben zu ziehen, da es sich um ein werthaltiges Produkt handelt. Diejenigen, die an der Haustüre verkaufen, können ihre Preise erhöhen und bei Nachfragen einfach darauf verweisen, dass der Richtpreis erhöht wurde.
Hetzenauer: In unseren touristischen Regionen haben wir weit weniger Absatzprobleme als in anderen Regionen Österreichs. Es macht sehr viel aus, wenn viele Gäste ein Geschenk aus dem Urlaub mitnehmen. Da ist Wein eigentlich schon out. Ein Glas Honig erfährt mehr Wertschätzung. Aber wir versuchen gerade, etwas auf die Beine zu stellen, um den Absatz insgesamt anzukurbeln.
Ellmann: Darüber denken wir ebenfalls nach. Am Berliner Hauptbahnhof habe ich Werbung für Olivenöl aus der EU gesehen. Wir haben das in Brüssel schon einmal für Honig angesprochen, sind da aber leider noch nicht so richtig weitergekommen. Aber das könnte auch eine Kampagne sein.
Trafoier: Unser Südtiroler Verband macht im Oktober die erste grosse Honigbewertung seit Corona. Auf diese Art und Weise können unsere 300 Imker/-innen die Qualität ihres Honigs feststellen lassen. Die ersten Preise, Gold und Silber, können zusätzlich als Auszeichnungen auf dem Glas angeführt werden. Uns schwebt vor, anschliessend die einzelnen Ergebnisse in den Medien zu veröffentlichen. Dann sieht man auch die Imkereien in der Nachbarschaft.
Ellmann: Wir haben eine Marktinfo-Seite im Internet. Dort können die Imkereien eintragen, wo sie welchen Honig anbieten. So kann jeder sehen, wo man Honig aus der Region kaufen kann. Die Seite wird gerade zusammen mit unserer Homepage erneuert. Und da nächstes Jahr die Marke «Echter deutscher Honig» ihr 100-jähriges Bestehen feiert, werden wir einige Aktionen in den sozialen Medien machen.
Schwegler: Wir haben das Goldsiegel. Dabei handelt es sich um eine Art Qualitätsprogramm, das vom Verband gemanagt wird. Eigentlich müssen wir gar nicht für den Absatz werben. Aber wir reden mit einigen der grösseren Supermärkte, damit sie auch nur Goldsiegel-Honig ins Programm aufnehmen. Die Leute, die dort einkaufen, kennen das Goldsiegel noch zu wenig.
Hetzenauer: In der gehobenen Hotellerie werden Produkte aus der heimischen Landwirtschaft angeboten, zum Beispiel Fleisch aus der Region. Da könnten wir uns mit unserem Honig aus der Region dranhängen. Aber ob man da grosse Mengen unterbringen kann?
Ellmann: Unser Bundeslandwirtschaftsminister möchte ja, dass mehr Lebensmittel aus dem biologischen Anbau in öffentlichen Kantinen verwendet werden. Ich habe bislang aber nicht gehört, dass darunter auch Honig ist. Da werden wir jetzt nachhaken. Generell müssen wir die politischen Bedingungen für die Imkerei verbessern. Dazu gehört auch der Bürokratieabbau, der zurzeit für die Landwirtschaft diskutiert wird – da darf die Imkerei nicht vergessen werden. Vielleicht könnte man auch die Mehrwertsteuer für bestimmte Produkte wie Bienenfutter abschaffen. Aber in Deutschland wird einem immer schnell erklärt, warum etwas nicht geht, ohne zu überlegen, was gehen könnte. Um die Honigqualität in Europa zu sichern, war es aber auch wichtig, dass wir uns, unter anderem mit den österreichischen Kollegen, zusammen bei der Entstehung der neuen EU-Honigrichtlinie stark engagiert haben. Die Arbeit wird jetzt auf der EU-Honigplattform weitergeführt, wenn es unter anderem um Authentizitätsprüfung, Rückverfolgbarkeit und Referenzlaboratorien geht. Das wird noch ein langer und schwieriger Prozess.

Honigfälschungen
Eine vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) und dem Europäischen Imkerbund (EPBA) initiierte Untersuchung zeigte, dass 25 von 30 getesteten Honigen gestreckt wurden. Die Honige wurden mittels einer neuen DNA-Analyse in einem estnischen Labor durchgeführt. Den Honigen wurde möglicherweise Fruktosesirup, hergestellt von genetisch modifizierten Bakterien, zugesetzt. Dieser Sirup enthält kaum DNA, ahmt aber das Zuckerprofil von Honig nach. «Wer im Internet nach solchem Sirup sucht, bekommt ihn auf einschlägigen Portalen in vielen Farben und Geschmacksrichtungen angeboten – zusammen mit dem garantierten Versprechen, dass er den ‹Labortest bestehe›, und den ganz legalen Analyse-Parametern der ‹EU-Honig-Direktive 2001/110/EC› entspreche», sagt Bernhard Heuvel, Präsident des Europäischen Berufsimkerbundes. Der DBIB fordert nun die Europäische Kommission zum Handeln auf. Da das Verfahren noch relativ neu und das Labor dafür noch nicht akkreditiert ist, müssen die Daten aber mit einer gewissen Vorsicht genossen werden.
Neue Honigrichtlinien lassen hoffen
Im Januar 2024 haben sich Kommission, Rat und Parlament der EU auf eine Änderung der Honigrichtlinie geeinigt. Künftig müssen alle Herkunftsländer samt Prozentangaben auf dem Etikett erkennbar sein. Vage Deklarationen wie «Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern» werden nicht mehr erlaubt sein. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben jedoch die Möglichkeit, die Prozentangaben auf die vier grössten Bestandteile zu begrenzen, sofern diese gemeinsam mehr als die Hälfte des Mischhonigs ausmachen. Der Deutsche Imkerbund fordert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, diese Option nicht umzusetzen, sondern die vollständigen Angaben vorzuschreiben, damit die Kundschaft umfassend informiert ist. Gemeinsam mit Biene Österreich und dem französischen Verband Syndicat National d’Apiculture fordern sie zudem Referenzlaboratorien, um Honigbetrug besser zu erkennen und schliesslich die Einfuhr gefälschter Honige zu erschweren.