Hauhecheln – Blütenfontänen im Staudenbeet

05/24 | Natur und Wildbienen
Daniel Ballmer, Verein Floretia (daniel@floretia.ch)

Ob an mageren Stellen im Garten, im Topf oder im Balkonkistchen: Die leuchtenden Blüten der Hauhecheln (Ononis) werden zuverlässig von Wild- und Honigbienen umschwärmt und auch zahlreiche Schmetterlinge profitieren von ihnen. Eigentlich sollten sie zum Standard-Repertoire jeder Gärtnerei gehören.

Es gibt Pflanzen, neben denen ich nicht aufrecht stehen bleiben kann. Meine Partnerin hat zum Glück viel Geduld mit mir, wenn ich auf Wanderungen und Spaziergängen plötzlich irgendwo auf dem Boden knie und etwas sehr Kleines beobachte. Und recht oft ist der Auslöser eine Hauhechel – denn einerseits sehe ich diese Pflanzen nicht jeden Tag, und andererseits ist an ihnen von Frühling bis Herbst immer etwas los.

Hauhecheln zählen zu den Schmetterlingsblütlern (Fabaceae), wie Klee oder Luzerne. Bakterien in ihren Wurzelknöllchen wandeln Stickstoff aus der Luft, mit dem keine Pflanze etwas anfangen kann, in Nitrat um. So haben Schmetterlingsblütler immer ihre eigene kleine Düngerfabrik dabei, und auch ihr Pollen ist sehr nahrhaft. Dies macht sie zu einer beliebten Bienenweide, und Hauhecheln sind hier keine Ausnahme. Neben Hummeln und Honigbienen sind es besonders Blattschneider- und Mörtelbienen (Megachile), Wollbienen (Anthidium) und Pelzbienen (Anthophora), die an den hübschen Schmetterlingsblüten sammeln. Im Frühsommer lässt sich auch die Grobpunktierte Kleesandbiene (Andrena wilkella) regelmässig an Hauhecheln beobachten. Die grossen Blüten der Gelben Hauhechel (Ononis natrix) erfreuen sich zudem grosser Beliebtheit bei den riesenhaften Holzbienen (Xylocopa).

Hauhecheln fügen sich hervorragend in gemischte Staudenbeete ein und funktionieren auch auf kleinster Fläche. Hier spriesst
eine Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) wie eine kleine Fontäne aus einem naturnahen Vorgarten in Zürich. (Fotos: Daniel Ballmer)
Aus der Walliser Trockensteppe leuchtet einem die Gelbe Hauhechel (Ononis natrix) schon von Weitem entgegen. Hier wächst sie zusammen mit der gelbgrünen Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana).
Die meisten Hauhecheln blühen über eine lange Zeit hinweg. Bei dieser Gelben Hauhechel (Ononis natrix) sind einige Zweige schon verblüht, während andere noch Knospen tragen.

Ebenso beliebt wie bei den Bienen sind Hauhecheln bei den Schmetterlingen – hier vor allem als Raupennahrung. Zahlreiche Nachtfalter und Kleinschmetterlinge sind vollständig auf sie spezialisiert, darunter der skurrile Hauhechel-Glasflügler (Bembecia albanensis), der Wespen nachahmt und dessen Raupen an den Wurzeln der Hauhecheln leben. Andere Arten wie der Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus) und die Hauhechel-Sonneneule (Heliothis ononis) sind zwar nach dieser Pflanze benannt, legen ihre Eier aber gerne auch an anderen Kräutern ab. Regelmässige Gäste sind auch der Postillon (Colias croceus) und der Grüne Zipfelfalter (Callophrys rubi). Nochmals artenreicher als die Tag- und Nachtfalter sind Wanzen, die an den Stielen und Samen der Hauhecheln saugen und eine wichtige Nahrung für Vögel und Eidechsen darstellen. Zu den auffälligsten gehören die Krummfühlerwanze Camptopus lateralis, die akrobatisch von Halm zu Halm fliegt, und das Gelbe M (Hadrodemus m-flavum) mit seinem Warnfarbenmuster. Ebenfalls hübsch gemustert, aber nur mit guten Augen oder unter der Lupe erkennbar ist die Hauhechel-Wanze (Dicyphus annulatus), die ausschliesslich an dieser Pflanzengattung vorkommt. Sie finde ich an den meisten Beständen, sogar in recht neu angesäten Magerwiesen mitten in der Stadt. Wie sie dorthin kommt, ist mir ein Rätsel – die allermeisten Exemplare sind flugunfähig, nur selten treten voll geflügelte Tiere auf. Vielleicht sind sie es, die sich so schnell verbreiten. Oder vielleicht fliegen die kleinen Larven gelegentlich als blinde Passagiere mit einer Hummel mit, was zwar verrückt klingt, aber in den letzten Jahren für einige andere flugunfähige Kleintiere nachgewiesen wurde.

Einer der Schmetterlinge, deren Raupen gelegentlich an Hauhecheln zu finden sind, ist der Grüne Zipfelfalter (Callophrys rubi).
Viele Mörtel- und Harzbienen (Megachile) haben eine Vorliebe für Schmetterlingsblütler und besuchen Hauhecheln sehr gerne. Hier umschwirrt eine unbestimmte Art den Schwarzwerdenden Geissklee (Cytisus nigricans), einen Verwandten der Hauhecheln.
Der Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus) ist unser häufigster Bläuling. Er ist zwar nach der Hauhechel benannt und legt seine Eier gerne an ihr ab. Aber ebenso gerne wachsen seine Raupen auf Luzerne (Medicago), Klee (Trifolium) und anderen Schmetterlingsblütlern auf.

Hauhecheln in der Natur und im Garten

Eigentlich sind Hauhecheln anspruchslos. Man findet sie fast überall da, wo der Boden nährstoffarm und nicht allzu sauer ist. In Magerwiesen und Schafweiden gehören ihre Blüten zum Inventar, an Wegrändern und auf Kiesflächen spriessen sie auch recht oft, und manchmal leuchten sie einem sogar aus feuchten Riedwiesen entgegen. Dass sie nicht mehr an jeder Ecke vorkommen, liegt einzig und allein daran, dass wir übers letzte Jahrhundert praktisch jede magere Wiese gedüngt und jede Ecke im Siedlungsraum mit einer dicken Humusschicht gestaltet haben. Immerhin kehrt sich dieser Trend in den Dörfern und Städten langsam um: Immer mehr Gemeinden gestalten ihre öffentlichen Grünflächen mit mageren Böden, was der Biodiversität genauso zugutekommt wie dem Budget. So treffe ich Hauhecheln immer öfter auch in Siedlungen an. Zumindest die beiden häufigsten Arten, die Dornige (Ononis spinosa) und die Kriechende Hauhechel (O. repens). Sie sind es auch, die man am ehesten in Staudengärtnereien erhält. Beide wachsen als kleine, kriechende oder aufrechte Halbsträucher und blühen rosa von Juni bis September. Das einzige sichere Unterscheidungsmerkmal sind die Dornen, die der Kriechenden Hauhechel fehlen. Drei weitere Arten kommen hierzulande vor allem im Wallis vor: Die Rundblättrige (O. rotundifolia) und die Zierliche Hauhechel (O. pusilla) sind auf lichte Wälder spezialisiert und nicht im Gartenhandel erhältlich. Die Gelbe Hauhechel (O. natrix) wächst in Magerwiesen, besticht mit ihren grossen Blüten und wird gelegentlich auch in Gärtnereien angeboten. Sie ist auch ausserhalb ihres Verbreitungsgebiets ein hübscher Blickfang für trocken-heisse Beete, der zahlreiche Bestäuber anlockt.

Dornige, Kriechende und Gelbe Hauhechel lassen sich im Garten vielseitig verwenden. In den meisten Magerwiesen-Mischungen ist mindestens eine der Arten mit drin, aber sie lassen sich auch nachträglich in Magerwiesen einpflanzen. Auch in sonnigen Kräuterbeeten, Ruderalflächen und kalkhaltigen Felsengärten gedeihen alle drei Arten gut, ebenso auf Mauerkronen oder im Topf. Trockenheit ist für alle drei Arten kein Problem. Im Halbschatten fühlt sich die Gelbe Hauhechel nicht sehr wohl, die anderen beiden Arten sind toleranter. Die Kriechende Hauhechel lässt sich sogar an wechselfeuchten Standorten anpflanzen, zum Beispiel in der Sumpfzone eines Gartenteichs, die regelmässig austrocknet. Aber wo immer Sie Hauhecheln platzieren: Der Boden sollte nicht allzu nährstoffreich sein. Auf fetten Böden werden Hauhecheln schnell von konkurrenzstärkeren Pflanzen verdrängt. Wenn die Bedingungen stimmen, sind Hauhecheln langlebig, versamen von selbst und benötigen keine spezielle Pflege.

Die Krummfühlerwanze Camptopus lateralis ist eine südliche Art, die sich in den letzten Jahren auch in der Nordschweiz ausbreitet. Sie fliegt meist nervös von Staude zu Staude. Hauhecheln gehören zu den Pflanzen, auf denen sie auch mal länger verweilt, um an Samen, Knospen oder Stielen zu saugen.
Die Blüten der Gelben Hauhechel (Ononis natrix) sind nochmals deutlich grösser als jene anderer Arten.
Das leuchtende Rosa der Blüten macht die Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) im Juni zu einem Farbenspiel aus saftigem Grün und satten Magentatönen.

Warum stehen Hauhecheln nicht in jedem zweiten Garten?

Ich schreibe hier über widerstandsfähige, kleinbleibende, reich und lang blühende Stauden, die Bienen anziehen, Dünger an ihre Nachbarpflanzen abgeben und in äusserst hübschen Formen wachsen – mal als Teppich, mal als Kugel oder als Fontäne. Eigentlich der Traum jeder Gärtnerin. Trotzdem werden Hauhecheln ausserhalb von Naturgärten nur selten gepflanzt. Ich bin überzeugt, dass das an ihrem sperrigen Namen liegt. Eine Hechel ist ein längst vergessenes Instrument zum Striegeln von Hanffasern, und die langen Dornen der Dornigen Hauhechel gleichen diesem Werkzeug. Darum nannten die Bauern die Pflanze Hechelkraut oder Heu-Hechel. Mit der Zeit nannte man dann auch all ihre dornenlosen Verwandten so. Und als schon längst niemand mehr kapierte, worum es eigentlich ging, wurde aus dem Heu auch noch ein Hau, womit das letzte Stückchen Sinn verloren ging. Übrig geblieben ist ein unsympathisch klingender Name, den niemand versteht. Und auch die Dialektnamen der Hauhechel sind nicht besser – wer will schon einen «Weiberkrieg» oder einen «Katzendorn» im Garten?

Ich hoffe, dass irgendwann mal eine kreative Gärtnerei einen neuen Namen erfindet, der der Schönheit dieser Pflanzengattung gerecht wird. Bis dahin können wir nur zwei Dinge für die hübschen Kräuter tun: Wir können sie in einer kleinen Wildstaudengärtnerei kaufen und in unsere Gärten pflanzen. Und wir können die Magerwiesen, Kiesgruben und Bahndämme schützen, auf denen wilde Hauhecheln vorkommen. Die Bienen und Schmetterlinge werden es uns danken.

Begleitpflanzen für Hauhecheln

Hauhecheln fügen sich sehr gut in sonnige Küchenkräuterbeete ein, als Pufferpflanzen zwischen Lippenblütlern wie Rosmarin (Rosmarinus), Thymian (Thymus), Salbei (Salvia) oder Basilikum (Ocimum), die untereinander keine guten Nachbarn sind.

In Blumenbeeten und Staudenmischpflanzungen harmonieren Hauhecheln mit fast allen Wild- und Zierstauden, solange der Boden nicht allzu nährstoffreich ist. Besonders sinnvolle Begleitpflanzen für den Wildbienengarten sind folgende Arten:

• Frühlings-Fingerkraut (Potentilla verna), Traubenhyazinthen (Muscari), Weisses Veilchen (Viola alba) und Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia) sind Frühblüher, die sich gut mit Hauhecheln kombinieren lassen.

• Hornklee (Lotus corniculatus), Wiesen-Salbei (Salvia pratensis), Gemeine Kugelblume (Globularia bisnagarica), Weisser Mauerpfeffer (Sedum album) und Gewöhnliche Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare) überbrücken die Zeit zwischen Früh- und Sommerblühern.

• Gemeiner Natterkopf (Echium vulgare), Kugel­köpfiger Lauch (Allium sphaerocephalon), Glockenblumen (Campanula), Bergminzen (Calamintha), Dost (Origanum), Weidenblättriges Rindsauge (Buphthalmum salicifolium), Wilde Möhre (Daucus carota) und Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum) wachsen ähnlich formschön und blühen zur selben Jahreszeit wie Hauhecheln.

• Polsterpflanzen wie kriechende Thymiane (Thymus), Sonnenröschen (Helianthemum), Berg-Gamander (Teucrium montanum), Blaukissen (Aubrieta deltoidea), Steinkräuter (Alyssum) und Rotes Seifenkraut (Saponaria ocymoides) ergänzen die Kriechende Hauhechel oder bilden einen hübschen Unterwuchs unter den höheren Arten.

• Hohe Stauden wie Rosmarin-Weidenröschen (Epilobium dodonaei), Königskerzen (Verbascum) und Karden (Dipsacus) lassen sich als hohe Akzente in trockenwarme Staudenbeete mit einbinden. Ebenso kleine Wildsträucher wie Wein-Rose (Rosa rubiginosa) und Gemeine Berberitze (Berberis vulgaris) oder mediterrane Sträucher wie Zistrosen (Cistus), Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) und Lavendel (Lavandula).

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