Vor mehr als 75 Jahren schrieb Johann Thür über die «Nestduftwärmebindung». Was steckt hinter diesem Konzept und ist es tatsächlich ein «völliger Unsinn», wie mir gesagt wurde?
(Übersetzung: Sarah Grossenbacher)
Johann Thür aus Österreich entwickelte eine Bienenbeute mit Stabilbau. Dabei prägte er den Begriff «Nestduftwärmebindung», um die Funktion seiner Beute zu erläutern. In seinem Buch, das 1946 erschien, beschrieb er diese wie folgt: «Zur wirksamen Auswertung dieser kostbaren, lebenerhaltenden und -bringenden Wärme hat die Natur den Bien als Gesamtorganismus, bestehend aus Volk und Wabenbau, befähigt, die Wärme weitgehend festzuhalten, sie zu binden. Diese gebundene Wärme ist eine duftgeschwängerte und dadurch keimfreie Warmluftmasse, die ein schädliches Bakterienleben unterbindet und das Entstehen von Krankheiten behindert. […] Nach unten wandert die Wärme wegen ihres geringeren Gewichtes nicht ab. Seitlich und oben bleibt sie durch die im Naturbau gebildeten Sackgassen davon bewahrt. Nur die verbrauchte Atmungsluft sinkt kohlensäurebeschwert zu Boden und findet an den unten offenen Wabenrändern ihren kreislaufmässigen Austausch gegen Frischluft. Diese unten offenen Wabenränder sind als Mund einer Zentralatmung anzusehen, der mit Hilfe der randabschliessenden Bienen nur die erforderliche Menge an Frischluft atmet und jedes überflüssige Eindringen von Kaltluft organisch verhindert».1
Über viele Jahre habe ich Thürs Begriff in meinen Artikeln über die Warré-Beute verwendet. Jedoch schrieb mir dann eine einflussreiche Quelle in der Zeitschrift «The Welsh Beekeeper», dass diese Nestduftwärmebindung «völliger Unsinn» sei. Dadurch fühlte ich mich angespornt, nach Belegen für Thürs Konzept zu suchen. Das Konzept beschreibt eindeutig eine Form von Homöostase (Gleichgewichtszustand eines offenen Systems) – ein Begriff der erst 20 Jahre zuvor von einem Physiologen geprägt wurde.
Stabilbau
Durch die Verwendung fester Waben (Stabilbau) wollte Thür den natürlichen Bienenstock imitieren. Auf diese Weise vermied er die zugige «Bee-Space»-Umhüllung, die das Nest in modernen Beuten mit Rähmchen umgibt. Es liegt auf der Hand, dass es Wärmeenergie, und so auch hart erarbeiteten Honig, kostet, wenn