Letztes Jahr trafen sieben Verdachtsmeldungen auf Vergiftung beim Bienengesundheitsdienst (BGD) ein. In keinem Fall wurde eine akute Vergiftung mit Pflanzenschutzmitteln bestätigt.
Von den sieben im letzten Jahr erhaltenen Bienenproben wurden im Auftrag des Bienengesundheitsdienstes (BGD) fünf vom Kantonalen Labor Zürich auf Pestizide untersucht. Zwei Proben waren rückstandsfrei, drei enthielten Spuren von Wirkstoffen. Die in allen drei Proben gefundenen Rückstände von Fungiziden waren für Bienen nicht toxisch und konnten nicht für das Bienensterben verantwortlich gemacht werden. In der dritten Probe fanden sich ausserdem Rückstände von Desinfektionsmitteln, von denen unklar ist, ob diese bei Bienen zu Vergiftungen führen können. Infolge typischer Symptome wurde eine Bienenprobe im Sommer auf das Chronische Bienen-Paralyse-Virus CBPV analysiert. Eine weitere Probe wurde im Dezember ausschliesslich einer Analyse auf das Akute und das Chronische Bienen-Paralyse-Virus (ABPV und CBPV) sowie auf das Flügeldeformationsvirus (DWV) unterzogen. Pflanzenschutzmittel kommen zu dieser Jahreszeit nicht zum Einsatz. Eine akute Bienenvergiftung kann also von vornherein ausgeschlossen werden.
2024 – ein herausforderndes Bienenjahr
Das Bienenjahr 2024 war in vieler Hinsicht aussergewöhnlich: Nach dem landesweit mildesten Winter seit Messbeginn mit Temperaturen von 1,6 °C im Januar und 4,6 °C im Februar 2024 über der Norm starteten die Bienenvölker wohl vielerorts nach einem nur sehr kurzen Brutunterbruch (oder vereinzelt möglicherweise gänzlich ohne) in die neue Bienensaison. Leicht gebremst wurden sie in ihrer Entwicklung im regenreichen, aber immer noch überdurchschnittlich warmen März (2,0 °C über der Norm). Kurz vor Mitte März traf auch die erste Bienenprobe beim BGD ein: Darunter waren viele mit Pollen beladene Bienen, aber auch solche mit leicht verkürztem Hinterleib. Die Pollensammlerinnen sind wahrscheinlich wegen Erschöpfung und Kälte zusammengebrochen, jene mit verkürztem Hinterleib vermutlich infolge einer starken vorangegangenen Varroabelastung. Ein hoher Varroabefall verkürzt die Lebensdauer der Bienen deutlich. Je nachdem schlüpfen die jungen Bienen auch mit verkrüppelten Flügeln oder einem verkürzten Hinterleib. Im warmen Winter 2023/24 war es für die Imker/-innen je nach Region schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Winterbehandlung zu finden, da die Völker nur sehr kurze brutfreie Phasen hatten. Die zur Winterbehandlung eingesetzte Oxalsäure wirkt bestens, wenn keine Brut mehr vorhanden ist. Varroamilben in verdeckelten Zellen hingegen werden nicht eliminiert.
Vergiftung nicht nachgewiesen
Nach einer fast frühsommerlichen ersten Aprilwoche kam schliesslich ein Kaltlufteinbruch, der viel Niederschlag, Schnee und Schneeregen brachte. Am Tag vor diesem Wetterumschlag beobachteten zwei Imker-innen, wie ein Landwirt tagsüber ein blühendes Rapsfeld spritzte, das sich in ca. 500 m Abstand zu ihren Bienenständen befand. Bei ihren Völkern stellten sie danach trotz der noch warmen Temperaturen kaum mehr Bienenflug fest. Beim Austausch mit dem Landwirt erfuhren sie, dass er seine Kultur gegen den Rapsglanzkäfer (Brassicogethes aeneus) mit dem Wirkstoff Acetamiprid behandelt hatte. Für dieses Produkt gilt folgende Bienenschutzauflage: SPe 8 – Gefährlich für Bienen: Darf nur ausserhalb des Bienenfluges (abends) mit blühenden oder Honigtau aufweisenden Pflanzen (z. B. Kulturen, Einsaaten, Unkräuter, Nachbarkulturen, Hecken) in Kontakt kommen. An diesem Tag konnten die beiden Imkerinnen keine Bienenprobe entnehmen, da keine Bienen mehr nach Hause flogen. Somit konnte erst drei Tage später eine kleine Menge toter Bienen vom Flugbrett genommen und direkt zum BGD gebracht werden. In diesen (mehrere Tage nach dem Vorfall entnommenen) Bienen konnten keine Rückstände nachgewiesen werden.

Ursache des Bienensterbens unbekannt
Anfang Mai erhielt der BGD zwei weitere Proben zur Analyse: Ein Imker stellte nach der kalten zweiten Aprilhälfte viele tote Bienen bei zwei seiner fünf Völker fest; eines davon war bereits tot. Die Analysen brachten zwar Fungizid- und Thymol-Rückstände zutage, jedoch nicht in einer für Bienen tödlichen Menge. Leider konnte das Bienensterben nicht geklärt werden.
In der zweiten Probe, erhoben an einem Bienenstand mit 22 von erhöhtem Bienensterben betroffenen Völkern, wurden ebenfalls Rückstände nachgewiesen: Dabei handelte es sich erneut um geringe Mengen eines Fungizids und um Thymol, die nicht für eine Vergiftung verantwortlich gemacht werden konnten. Zudem wurden auch Chlorate gefunden. Die letale Dosis (LD50) dieses Abbauproduktes, das sich während des Herstellungsprozesses, des Transports und der Lagerung von chlorhaltigen Desinfektionsmitteln bildet und/oder wenn chlorhaltige Desinfektionsmittel dem Badewasser zugesetzt werden, ist für Bienen nicht bekannt. Daher konnte der BGD weder eine Vergiftung bestätigen noch ausschliessen. Einen Monat nach dem Vorfall hatten sich die Völker erfreulicherweise erholt und waren wieder gesund und stark.
Erkrankung als Ursache möglich
Das wechselhafte Maiwetter (gemäss MeteoSchweiz handelte es sich um den nassesten Mai seit Messbeginn vor über 60 Jahren) zwang die Bienen dazu, viele Tage im engen Bienenstock zu verweilen. Mitte des Monats traf beim BGD erneut eine Bienenprobe ein. Der Imker hatte bereits seit Anfang April bei zwei seiner sechs Völker ein erhöhtes Bienensterben festgestellt, jedoch keine Bienenprobe entnehmen lassen. Da das Sterben weiterging, entschied er sich dazu, doch eine Probe einzuschicken. Auch hier wies die Analyse Rückstände von zwei Fungiziden und einem Herbizid in den Bienen auf, aber erneut waren die Mengen so gering, dass eine Vergiftung ausgeschlossen werden konnte. Das über Wochen anhaltende Sterben von erwachsenen Bienen ist ein typisches Symptom für einen akuten Ausbruch des Chronischen Bienen-Paralyse-Virus (CBPV). Aufgrund der erhaltenen Menge wurde die Bienenprobe ausschliesslich für die Analyse auf Pestizidrückstände verwendet, also konnte keine Untersuchung auf CBPV gemacht werden. Somit blieb die Ursache für das Bienensterben unklar.
Chronisches Bienen-Paralyse-Virus (CBPV) als Ursache
Ende Mai erhielt der BGD eine weitere Bienenprobe zur Untersuchung auf Pestizidrückstände. Sie stammte von einem Bienenstand mit sechs Völkern, zwei davon waren von erhöhtem Bienentotenfall betroffen. Auf dem uns zugestellten Video waren auf den Flugbrettern stark zitternde, sich unkoordiniert bewegende, flugunfähige und zum Teil haarlose Bienen zu sehen. Diese Symptome deuteten auf eine Erkrankung durch das Chronische Bienen-Paralyse-Virus hin, was Laboruntersuchungen schliesslich auch bestätigten: Die Bienen wiesen eine sehr hohe Virenbelastung auf. Pestizide konnten hingegen keine nachgewiesen werden. Somit konnte das aussergewöhnliche Sterben der Bienen dem CBP-Virus zugeordnet werden.
Varroatose als Ursache
Ende November meldete sich eine Imkerin, die im Herbst bereits drei von vier Völkern verloren hatte. Sie hegte den Verdacht auf eine subletale Vergiftung der Bienen infolge vermuteter Kontamination eines nahe gelegenen Sees. Der BGD arbeitet mit Laboren zusammen, die Bienen entweder auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und/oder Bioziden oder auf eine eventuelle Virenlast untersuchen. Alle anderen Analysen müssen von den Bienenhaltenden selbst organisiert und bezahlt werden. Aufgrund der Jahreszeit, den auf Fotos erkennbaren Brutschäden und den Bienen mit zum Teil verkürztem Hinterleib, veranlasste der BGD eine Analyse der Probe auf das Akute Bienen-Paralyse-Virus (ABPV), das Chronische Bienen-Paralyse-Virus (CBPV) und das Flügeldeformationsvirus (DWV). Das Ergebnis der Untersuchung war eindeutig: Die Bienen wiesen eine sehr hohe Erregerdichte des Flügeldeformationsvirus auf. Dies bestätigte die von der Imkerin selbst festgestellte, vorangegangene hohe Varroabelastung als tatsächliche Ursache der Völkerverluste.


Fazit
Im letzten Jahr konnte anhand der Untersuchungsresultate keine Bienenvergiftung durch Pflanzenschutzmittel nachgewiesen werden. Allerdings ist zu vermuten, dass es bei der Rapsbehandlung tagsüber mit Acetamiprid zu einem vorübergehenden akuten Bienensterben kam. Um Bienenvergiftungen zu verhindern, sind die Anwendungsvorschriften für Pflanzenschutzmittel bei jedem Einsatz strikte einzuhalten.
Die schwierigen Wetterverhältnisse das ganze Jahr über stellten die Bienenhaltenden vor grosse Herausforderungen: Wird die Winterbehandlung gegen die Varroa nicht im brutfreien Zustand der Völker durchgeführt, besteht die Gefahr, dass sich die Milbe bereits früh im Jahr stark vermehrt, was die Völker anfälliger auf Krankheiten macht.
Das Chronische Bienen-Paralyse-Virus tritt öfter nach kalten, regenreichen Wetterperioden auf. Die Nektar- und Pollensammlerinnen können nicht ausfliegen und verbringen viel Zeit im immer enger werdenden Beuteninnern, zusammen mit den Stockbienen und all jenen, die täglich frisch schlüpfen. Dies erleichtert die Übertragung des Virus von Biene zu Biene. Die Krankheit kann auch auftreten, wenn, wie letztes Jahr, viel Honigtau eingetragen wird. Haben die Bienen wieder Gelegenheit, regelmässig auszufliegen und frischen Blütennektar einzutragen, erholen sich die Völker gegebenenfalls sehr rasch.
Im Herbst / Winter ist das Flügeldeformationsvirus (DWV) in praktisch allen Bienenvölkern nachweisbar. Es wird vorwiegend durch die Varroamilbe übertragen. Adulte Bienen können Krankheitsträger sein, ohne äusserliche Symptome aufzuweisen (siehe Foto oben). Bei Winterbienen äussert sich das Virus oft durch eine verkürzte Lebensdauer, was die Überlebens-/Überwinterungschancen eines Volkes drastisch verringert. Aufgrund grosser Varroabelastung erkrankte, verdeckelte Brut ist an eingefallenen, löchrigen Zelldeckeln erkennbar. Die darunter heranwachsenden Bienen sterben entweder vor dem Schlüpfen ab oder weisen infolge starker Virenbelastung verkrüppelte Flügel und/oder einen verkürzten Hinterleib auf. Daher ist eine gezielte Bekämpfungsstrategie gegen die Varroamilbe übers ganze Jahr wichtig (siehe Konzept unter www.bienen.ch/varroa). Ansonsten kommt es – wie im oben beschriebenen Fall – bereits Ende Herbst zu ersten Völkerverlusten.
Bei einem aussergewöhnlichen Bienensterben ist es wichtig, dass die Bienenhaltenden umgehend mit dem Bienengesundheitsdienst (Hotline 0800 274 274 oder E-Mail an info@apiservice.ch) und der für die Region zuständigen Bieneninspektorin/dem Bieneninspektor Kontakt aufnehmen. Für eine Untersuchung im Labor braucht der BGD eine Bienenprobe von guter Qualität. Das heisst, dass etwa 1000 (100 g) sterbende oder frisch gestorbene Bienen, die vom Flugbrett stammen oder aus der Beute entnommen werden, gekühlt dem BGD geschickt werden (Merkblätter 3.1.1. Protokollblatt Bienenvergiftungen 3.1.2. Bienenvergiftungen). Je nach Kanton muss die Bienenprobe zwingend von der Bieneninspektorin/dem Bieneninspektor entnommen werden, ansonsten kann sie der BGD nicht untersuchen lassen. Die Abklärungen sind für alle Schweizer und Liechtensteiner Imker/-innen kostenlos.